Damals war’s - Interpretenpreis des NL 1978
Manchmal muß ich lachen und denke: „ Wie sich doch die Rituale gleichen.“ Da wird ein Mal im Jahr der beliebteste Künstler, der beliebteste Sänger, die beliebteste Gruppe, die schönste Schauspielerin und noch irgendein anderer TV-Heini gewählt. Dabei denke ich, daß die Leute in diesem Deutschland doch gar nicht so doof sein können, so viele „Möchtegern’s“ und „Schönbinich’s“ auf einen Haufen sehen zu wollen.
Doch dann fällt mir ein, das wird ja gar nicht so gemacht, sondern es sind die Verkaufszahlen und die Einschaltquoten, die den Schub bringen. Hatte ich beinahe vergessen, ist ja Markt“wirtschaft“, Qualität ist nicht wichtig, verkaufen muß man es können.
Damit man das aber verkaufen kann, wird vorher ordentlich Werbung gemacht. Das geschieht in den Öffentlich-Rechtlichen, also mit unseren Steuergeldern, und in den bunten Zeitungen, die eh keiner kauft.
Und deshalb ist weder dieses kleine Bambilein noch die Goldene Henne der Maßstab für außerordentliche künstlerisch herausragende Leistung, die uns helfen würde, Geschmack auszubilden.
Warum ich diesen Quatsch hier schreibe??
Gute Frage!
So etwas ähnliches habe ich auch schon mal mitgemacht. Das ist inzwischen auch schon 30 Jahre her und stammt aus einer Zeit (1978), da man Freunden noch Briefe schrieb oder zu ihnen fuhr, um sie zu besuchen.
Damals schrieb man (oder frau) auf eine Postkarte, daß man die Vroni Fischer gerne hört, daß man den Engerlingen zu fast jeden Konzert hinterherfährt oder daß man alle Lieder von den Puhdys mitsingen kann. Wer weiß heute noch, was eine Postkarte ist und wie viele Jugendliche können heute fehlerfrei schreiben ??
In der modernen Mediensprache heißt so etwas „voten“, womit in einem Land, das an Pisa zu knappern hat, abstimmen gemeint ist. Damit keiner (richtig) schreiben muß und auch genügend Geld in die Kassen kommt, erfolgt „voten“ per SMS.
Die Postkarten (siehe oben) wurden dann also beim Jugendmagazin NEUES LEBEN – die Jüngeren fragen bitte Mama oder Papa - gesammelt und ausgezählt. Der- oder diejenige, der die meisten Postkarten hatte, wurde dann Sieger des Interpretenpreises, der ein Mal im Jahr vergeben wurde. Bei der Übergabe des Preises durften dann ein paar Leser dabei sein, die vorher ausgelost wurden. Also alles wie bei der BRAVO, nur eben anders, weil Verkaufszahlen keine Rolle spielten.
Übrigens: Das NL hat die Zeit hinweggefegt, die Künstler gibt es immer noch, trotz geringer oder gar keiner Verkaufzahlen. Ein Schelm, der dabei auch noch denkt, Qualität wäre nicht gefragt!
• Im Jahre 1978 waren die Gewinner des Interpretenpreises: Veronika Fischer, Holger Biege, Engerling (vertreten durch den Manager Gerd Leiser) und die Puhdys. Das Duo Hauff & Henkler war nicht anwesend.
• Ist sonst noch irgend etwas, was jemanden stutzig macht?