#1

PANKOW, die Dresdner NEUSTADT, die ALAUNSTRASSE und der Rock'n'Roll in der SCHEUNE

in Konzertberichte Ostrock allgemein 15.03.2009 11:37
von HH aus EE (gelöscht)
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Rock’n’Roll in der Scheune - PANKOW in Dresden

Das war der erste Frühlingstag in EE und auch in DD!

Die ersten Kroküßchen reckten ihre Blüten keck in den sonnendurchfluteten Himmel und irgendwo schwirrt eine altbekannte Berliner Folk-Weise aus Zille-Zeiten (?) zwischen Grillenzirpen und Motorsägenknattern durch die wärmere Luft:

„Komm’, Karlineken, komm’ Karlineken, komm’, wir woll’n nach Pankow geh’n, da ist es wunderschön!“

Also laßt uns zu PANKOW (und nicht nach) PANKOW fahr’n. Gemeint ist eine der Bands aus dem ehemaligen Land, bei der man schnell geneigt ist, sie in Verbindung mit dem Wort KULT im Munde zu führen, egal ob’s denn wirklich so ist. Jedenfalls ist die Rock’n’Roll – Combo PANKOW endlich mal wieder auf Tour, eine Gelegenheit, die ich mir dieses Mal auf gar keinen Fall entgehen lassen wollte.

In Dresden dann der Charme der Neustadt. In der Alaunstraße neben Kneipen, Boutiuqen, Szeneläden und den ersten Buden am Straßenrand auch schon ein paar Besoffene – Oups – ich bin wieder in der Gegenwart. Fast scheint mir, als würden da unten am Rinnsteig „Paule Panke“ neben „Hans im Glück“ sitzen und auf die allerletzte Chance lauern, drei Tage nach Winnenden…..

Die DRESDNER SCHEUNE ist ein Szene-Schuppen im besten Sinne des Wortes mit engen, verwinkelten Räumlichkeiten, einer versteckten Treppe nach oben und einem verdunkelten Saal mit Kleinbühne, in dem eine Stunde später dicht gedrängt alt-ehrwürdige Fans und ein wenig junges Gemüse ihre Band stürmisch begrüßen und PANKOW antwortet uns allen mit „Gib mir ein Zeichen“ und selbstbewußt ergänzt Andre Herzberg „Ich bin Ich“.

Da stehen sie endlich wieder vor mir….und natürlich stehen sie nicht! PANKOW ist die Mann-gewordenen Unruhe! Die 5 Herren strahlen die pure Energie aus und in dem Maße, wie sie ihre Fans im Dunkel aufheizen, laden sie sich selbst auf wie ein Akku, immer noch ein Stück mehr.
„Jäcky“ Reznicek, der tänzelnde Baß-Derwisch, lotet die kleine Bühne aus und wird dabei von Ehle’s Gitarre am anderen Bühnenrand immer wieder mit kreischenden und singenden Riffs angetrieben oder gelockt, je nach Situation. Dazwischen Andre Herzberg, der noch immer diese animalische Bühnenpräsenz hat, jedes Wort und jede Zeile barfüßig und heftig gestikulierend auslebt. Der PANKOW – Frontmann schlüpft noch immer bei jedem seiner Songs in eine andere Rolle und läßt die Botschaften und Gegensätzlichkeiten lebendig werden. So als er hämisch grinsend sein „Ich bin lieb“ singt, um Momente später aufmüpfig und rotzfrech aber lächelnd „Ich will anders sein“ hinterher zu schreien, getrieben von den beiden Saitenakrobaten links und rechts.

Als dann von der Bühne „Bleib mir mit Politik vom Hals“ kommt, denke ich für einen Augenblick wieder an die Jungs da unten auf dem Gehweg und stelle mit Schrecken fest, wie aktuell und brennend das alles ist, was ich gerade in mich musikalisch verpackt, und zu DDR-Zeiten entstanden, aufsauge. Als hätte Andre mich mit seinem Blick durchschaut, kommt auch von ihm der Hinweis auf das Geschehen im idyllischen Schwabenländle – so haben wir unsere Kinder nicht gemacht (WER oder WAS aber dann??)! -

PANKOW war mit krachendem Rock’n’Roll und Alltagslyrik schon immer eine Sekunde vor dem Zeitgeist. Die Band hält sich und uns noch immer den Spiegel liebevoll vor die Nase, singt von der kultivierten „Langeweile“ ( da draußen und überall wo Schwaben ist ) und vom „Rock’n’Roll im Stadtpark“, der für meine Begriffe noch immer besser ist als jeder pseudouniforme waffenstrotzende Schützenverein.

Herzberg erzählt von „Doris“ und läßt uns mitbrüllen „Mach’s gut, Inge Pawelczik, du wilde Wahnsinnsmaus!“ Das tut so ungemein gut und trotz meiner schmerzenden Füße, fühle ich mich sauwohl, 30 Jahre und 10 Kilo jünger. Ab und an drehe ich mich um, denn hinter mir steht Micha, mein Sohn und Stolz mit seinen 30 Lenzen und grinst über das ganze Gesicht so wie mein Alter, Gott hab’ in selig, damals auch. Irgend etwas habe ich wohl richtig gemacht in meinem Leben!

Mir rinnt der Schweiß von der Stirn und das T-Shirt klebt am Körper, wie dieses Gefühl von Blut, Schweiß & Tränen, nach dem sich einst eine Amerikanische Band benannte.

Derweil singt Herzberg „Wetten, du willst“ und dieses wunderschöne „Guuuut’ Nacht“. Fast scheint es, als könne der Abend in der Scheune in Ruhe ausklingen, aber natürlich wissen die da oben, daß dem nicht so ist. Erst zaghaft, doch dann kommt es aus dem ganzen Saal und aus jeder Kehle: „Pankow, Pankow, kille, kille, Pankow, kille, kille, hopsasa“. Die Meute fordert mehr und bekommt „Ilse Bilse“, die angeblich keiner will – „kommt der Koch, nimmt sie doch!“ Ich finde diese Kinderreime noch immer toll und wenn man auch vieles vergißt in seinem Leben, diese Sprüche sitzen noch immer.
Mit Südseeschmalz und Abschiedsschmerz zelebrieren Herzberg & Co die „See’nsucht“ und damit der Abend nicht in Tränen versinkt gibt’s natürlich und zum Schluß „Kille, kille“, die Hymne der Band. Bei dieser Art von Rockmusik muß man nicht lange philosophieren und deuten, denken aber schon, denn diese Musik meint was sie sagt, ehrlich, aufrichtig und manchmal schonungslos. Hey Jungs, dafür lieben wir euch immer noch!

Als die Spots verlöschen und das Saallicht leuchtet, bin ich aufgewühlt, wie neu aufgeladen und mein Sohn hat wieder dieses Grinsen aufgesetzt als er meint, ich würde noch ganz aufgeregt aussehen. Das ist wohl wahr und erstaunt stelle ich fest, daß es mir so lieber ist, als gerade durch irgend eine Kleingartensparte gelaufen zu sein.

Beide gehen wir raus in das Foyer, denn dort geben die Herren Herzberg, Ehle, Reznicek, Dohanetz & Barton Autogramme, zwar nicht en mass und auch nicht en gros, aber auf jeden Fall en detail .
Sie lassen sich von jedem, der es möchte in Gespräche einbinden und geben ihre Unterschriften für jeden, der sie möchte und das alles überaus freundlich lächelnd. Die Musiker lassen sich geduldig fotografieren und freuen sich über jede Episode, die mancher aus seinen Erinnerungen kramt und mir gelingt es, Andre Herzberg mit der ersten Autogrammkarte der Gaukler-Rockband zu überraschen. Also sind wir beide glücklich und zufrieden und so soll es ja auch sein!

Gegen Mitternacht sieht die Alaunstraße noch immer so aus, wie vor Stunden, nur dunkler, und die stampfenden schnellen Beats, die jetzt aus den Kneipen dröhnen, verdecken ein wenig die Eindrücke die ich von vorhin hatte.
Das Leben hat so unterschiedliche Faszetten, viele schöne auch.
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zuletzt bearbeitet 19.03.2009 15:35 | nach oben springen

#2

RE: PANKOW, die Dresdner NEUSTADT, die ALAUNSTRASSE und der Rock'n'Roll in der SCHEUNE

in Konzertberichte Ostrock allgemein 15.03.2009 17:44
von Kundi (gelöscht)
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Da hat der Meister der sehr persönlich geschriebenen Konzertberichte aber wieder trefflichst zugeschlagen.
Da ich ja andernorts zur Mugge war, war ich auf die Berichte und Fotos vom PANKOW-Gastspiel in Dresden besonders gespannt.
Auch wenn man nicht in der Scheune war, ist man durch die Beiträge und Fotos der Aktivisten dieses Forums wie Petra, Mary oder Hartmut bestens informiert.
DANKE!

LG Kundi




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#3

RE: PANKOW, die Dresdner NEUSTADT, die ALAUNSTRASSE und der Rock'n'Roll in der SCHEUNE

in Konzertberichte Ostrock allgemein 16.03.2009 11:11
von Bastell | 2.182 Beiträge | 2247 Punkte

Auch an dich, Hartmut ein großes Danke schön!

LG Sandra



*~*~Leben is Rhythmus, Rhythmus is Stamping Feet~*~*

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#4

RE: PANKOW, die Dresdner NEUSTADT, die ALAUNSTRASSE und der Rock'n'Roll in der SCHEUNE

in Konzertberichte Ostrock allgemein 21.03.2009 15:38
von HH aus EE (gelöscht)
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Inzwischen ist dieses olle Konzert in der Dresdner Scheune schon wieder eine Woche alt und die schnell vergehende Zeit sorgt dafür, daß solche Highlights auch schnell wieder in Vergessenheit geraten.

Zum Erinnern zeige ich hier einen alten Flyer von PANKOW aus den beginnenden 80er Jahren. In Dresden habe ich mir drei Autogramme geholt - Frank Hille ist leider nicht mehr unter uns und Rainer Kirchmann anders beschäftigt.

Angefügte Bilder:
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#5

RE: PANKOW, die Dresdner NEUSTADT, die ALAUNSTRASSE und der Rock'n'Roll in der SCHEUNE

in Konzertberichte Ostrock allgemein 14.08.2009 10:10
von Mary (gelöscht)
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Vergessen ist nicht gut, schaut mal..., so war es...
http://www.youtube.com/user/Marylu1908#p...s/4/qP0hnvTaTCA

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