Seit jeher hasse ich Zwang, dieses „du musst“, war mir schon in der Schulzeit ein Graus. Natürlich sträubte ich mich schon aus diesem Grund auch gegen die Pflichtlektüre der Schuljahre, Horror schlechthin, FAUST gehörte auch dazu.
Viel später begriff ich den tieferen Sinn dieses Stückes.
Nein, ein FAUST - Freak, der jede neue Inszenierung, jede Aufführung besucht wurde ich nie. Und doch entschied ich mich am 18.09.09 für FAUST. Der Grund dafür war Haase, Christian Haase, der gemeinsam mit Uwe Schütz eine FAUST Inszenierung der besonderen Art auf die Bühne bringen wollte. Sie mischten in ihrem Stück die Werke von Goethe und Lenau. Ich hatte Haase erst vor kurzem im Gundermann – Programm live kennen gelernt, fand ihn darin brillant und wollte einfach wissen, was dieser Haase als Schauspieler zu bieten hat. Gleich vorab, er ist auch da wirklich gut, ein Tausendsassa scheint dieser junge Mann zu sein.
Ich kam am Club Passage an und war allein, kein anderer Besucher verlangte mit mir Einlass.
Haase, der auf eine Zigarettenlänge vor die Tür trat, sah es locker, meinte, es werden wohl 10 Leute kommen. Mir fuhr der Schreck in die Glieder, ich fand, das muss furchtbar sein, vor leeren Plätzen zu spielen. 12 Besucher hatten sich dann eingefunden, sahen sich einem im Stuhl „hängenden“ Uwe Schütz gegenüber, der den Faust im Stück spielt. Mephisto alias Haase „erweckte“ ihn durch seinen Gesang…, das Stück, in dem die Texte von Goethe und Lenau schonungslos vermischt werden und alles trotzdem wunderbar passt, nahm seinen Lauf. Faust wettet mit dem Teufel um seine Seele, verliebt sich in Gretchen. Haase konnte sogar im Gretchengewand bestehen, denn diesen Part spielte er ebenfalls sehr glaubhaft, ob sanft flüsternd, Blütenblätter von einer Blume zupfend oder verschämt den Kopf senkend.
Lenaus Faust begeht am Ende Selbstmord, ersticht sich. Dieses Ende, ist hier im Stück gleichzeitig Anfang und Ende.
„Wer also mit dem Tode wettet, ist wert, dass ihn der Teufel rettet.“
„FAUST – was für eine Tragödie“, ein Zweimann-Stück mit drei Hauptpersonen, eine gelungene Aufführung. Die Zeit ist mir wie im Fluge vergangen, die Empfindung, es hätte noch ein Weilchen weiter gehen können, machte sich in mir breit.
Vor einem Minipublikum, fast „in Familie“, fand hier im Dresdner Club Passage die Vorprämiere des Stückes statt. Die Prämiere in Leipzig war zu diesem Zeitpunkt schon ausverkauft – zum Glück. Nichts hätte mir mehr Leid getan, als dass diese wirklich gelungene Aufführung fast „ungesehen im Sande versickert“.
Nach der Veranstaltung nahm sich Haase wieder viel Zeit für seine Gäste und ich stellte fest, regelrechte „FAUST – Profis“ hatten sich hierher verirrt. Eine Familie hatte doch tatsächlich bisher jede nur möglich FAUST Inszenierung besucht. Nein, dahin werde ich nicht kommen. Mir ist der musizierende Haase noch viel, viel lieber, aber ich weiß jetzt, er ist auch ein guter Schauspieler.