Daddy Cool tanzt nicht mehr – für Bobby Ferrell
( 06.10.1949 – 30.12.2010 )
Manchmal verstehe ich den Rockzirkus nicht und erst recht nicht die Fangemeinde, die sehr oft einem einzigen Idol kritiklos huldigt und um dies vorbehaltlos tun zu können, muss sie zusätzlich auch noch ein Feindbild mit sich rumschleppen – jedenfalls meistens, so meine Erfahrung.
In den 60ern gab es den „Streit“ zwischen Beatles- und Stones-Fans, der zum Glück nicht wirklich ein Streit war, sondern über lange Zeit eher ein Wettrennen, das mit jeder neuen Single-Veröffentlichung neu gestartet wurde. In der DDR gab es Zeiten, da meinten viele, die sich Renft-Fans nannten, die Puhdys als ihr Feindbild ausgemacht zu haben. Ich dachte, das wäre inzwischen Vergangenheit, aber manche Feindbilder halten sich länger als deren Protagonisten.
Als die Rockmusik progressiv und „art“gerecht wurde, war es natürlich verpönt, dass ein Fan von Genesis, Yes, Gentle Giant oder Flock sich den Klängen von Abba hingeben könnte. Von den „wahren“ Blues-Fans will ich gar nicht erst reden, denen die Musik und bombastische Shows von Genesis oder die Inszenierungen von Queen zuwider waren. Bleiben noch die Hardrocker und Schwermetaller…..
Doch es gab in den 70ern noch ein weiteres Feindbild neben ABBA, das nannte sich BONEY M., dieses von Frank Farian geschnürte Gesamtpaket dreier schwarzer Damen und eines skurrilen Tänzers namens BABBY FERRELL. Alles, was die musikalisch in Vinyl pressen ließen, wurde von den Rockern abgelehnt, auch wenn in Sachen wie „Rivers Of Babylon“ der Blues, Reggae und haufenweise Soul steckte. Dabei sind Alben wie „Boomoonoonoos“ (1981) voll mit interessanten musikalischen Anleihen aus der Hitze Afrikas und den Sümpfen der Südstatten, wo sich auch all die anderen bedient haben. Das wusste auch Frank Farian, hat sich eins gegrinst und mit dem Produkt Boney M. Millionen gescheffelt.
Am 30.12.2010 las ich, dass BOBBY FERRELL nach einem Konzert in St. Petersburg, Russland, verstorben ist und keiner in der Fangemeinde will es bemerkt haben, aus „Angst“ sich der öffentlichen Bekundung schämen zu müssen (oder warum sonst ?). Ich hatte gehofft, jemand aus der 70er Disco-Generation würde ein paar freundliche Worte für ihn finden können. Nun macht’s eben doch ein Rocker, der, bis auf wenige Tage, zur gleichen Zeit geboren wurde! Allein das war für mich schon Schock genug!
Die schillernde Tanz-Figur von BONEY M., der Frank Farian seine Stimme lieh und die er nach seiner Pfeife tanzen ließ, hat ein Leben gelebt, das viele der heutigen Superstars gar nicht erst erreichen werden, weil ihnen Profil, Talent und Ausdauer fehlen. Allein die Tatsache, so lange in diesem rauen Geschäft mit Würde und Erfolg überlebt zu haben, verdient geachtet zu werden. Andere waren viel schneller in der Versenkung verschwunden und vergessen außerdem.
So „Goodbye My Friend“ und kehre zurück zum „Homeland Africa (Ship Ahoy)“. Wer weiß, wie viele Ferrells diesen Weg schon vorher gegangen sind und wer weiß schon, wer von den noch kommenden überhaupt Notiz nehmen wird, von „Daddy Cool“ jedenfalls wird man noch lange reden, laut oder hinter vorgehaltener Hand, das ist letztlich egal in diesem Business!