Nach dem Einstellen des Videos `Schattenreiter` vom Waldbühnenkonzert 1982 hier im Thread `Videoraritäten` und nach der Aussage von Bernd und anderen, hier und in Facebook,
ist die Frage aufgetaucht, warum gerade dieses Konzert für manche das mit Abstand beste der aufgezeichneten Puhdys-Konzerte ist.

Ich habe in obengenanntem Thread versucht, Reno diese Frage zu beantworten, aber ich bin selbst nicht ganz zufrieden mit dem, was ich geschrieben habe.
Da fehlt noch etwas, oder es bedarf weiterer Erklärungen und Beschreibungen der Empfindungen über fast 3 Generationen.
Deshalb würden wir uns freuen, aus jeder dieser Epoche Beiträge über die eigenen Wahrnehmungen zu bekommen.

Warum waren Puhdys-Konzerte früher für manche schöner, für andere sind es die heutigen, oder auch die aus den Achtzigern.

Ich werde mal am Beispiel von Ikarus, ein Lied das es mit kleinen Unterbrechungen zu allen Zeiten in den Live-Konzerten gab, versuchen, darauf eine Antwort zu finden.

Ich denke mal, dass ich aus allen Jahren von diesem Song eine Live-Videoaufnahme finde, die wir zu den entsprechenden Diskussionen hier einstellen werden.
Die erste kommt noch heute, so meine Hochladefunktion funktioniert.

Natürlich sind wir gespannt auf Eure Beiträge, gerne auch Ikarus-Videos und Ikarus-Bilder. Die jüngeren kennen die alten Aufnahmen sicher von Videos, wenn nicht, werden sie diese in den nächsten Tagen hier anschauen und sich eine Meinung bilden können.
Gruß,Hubert!

Die Geschichte von Dädalus und seinem Sohn Ikarus kannten wir ja alle aus der Schule.

Was für uns total neu war,eine solche Story in einen Rocksong zu packen und dann auch noch mit deutschen Texten.

Dieses Lied war damals der Favorit bei unseren ersten Puhdyskonzerten und wir warteten gespannt darauf,wie lange und vor allem wie, Maschine heute das Gitarrensolo am Anfang vom Live-Ikarus spielen würde bis er mit seiner markanten Stimme Ìkkaruuuss` in den Saal,die Halle,oder die Arena schreien würde..
Manchmal waren es gefühlte 10 Minuten und mehr, dabei kochten die Hallen und die Fans flippten schon bei diesem Wahnsinns-Intro aus.

Ob die jüngeren von Euch dies in der Art schon mal gesehen haben weiß ich nicht, aber live, zum Beispiel in einem überfüllten Jugendtreff in Fulda Anfang der Achtziger, war das der Wahnsinn und das kommt auch in einem Video nicht so richtig rüber.

Ich habe hier mal die Version von 1982 aus der Waldbühne, irgendwie kam es mir früher länger vor und es hing wahrscheinlich davon ab,wie die Fans drauf waren und Maschine motivierten, noch einen draufzulegen.
Wir starten jetzt mal mit dieser Version und das soll`s dann für heute gewesen sein,wenn ich so die Uhrzeit betrachte.
Die Veränderungen von früher zu heute werden wir mal in den nächsten Tagen versuchen,festzustellen.

In diesem Sinne, viel Spaß beim 9 Minuten-Ikarus,Gruß,Hubert!

Video Ikarus 1982:

Hier ein Beitrag von Oliver Jochum zu diesem Thema.
Er ist hier der User `uninvited94` und hat im Moment Probleme mit dem Einloggen,deshalb hat er mich gebeten,dies hier zu posten:


Von Oliver (uninvited94):
Der wesentliche Unterschied ist der, daß sich unter Wosylus der Sound grundsätzlich aus dem frühen Prog bzw. verspielteren Hard Rock um Tull, Heep und möglicherweise auch Sabbath und Geschichten wie Alice Cooper gespeist hat, am Anfang relativ ziellos und mit einigen daneben liegenden Experimenten, ab etwa 1976 bis 1979 mit einer zunehmend eigenen Stimme.

Die "Perlenfischer" ist dafür das beste Beispiel, mit den dunklen, verschraubten Wimmergitarren von Hertrampf und Birr und den für ihre Verhältnisse ausufernden Songs. "Ikarus" ist in seiner Grundform und in der Studiofassung handwerklich solider Krautrock mit Uriah Heep-Tendenzen, mehr nicht.

"Ikarus II" ist in der Studiofassung schon interessanter, atmosphärischer und das Zusammenspiel von Hertrampf/Birr im Mittelteil gehört zum Schönsten und Inspiriertesten, was sie je produziert haben.

"Sterne verspäten sich nie" ist in der Hinsicht freilich der einsame, dunkle, ausufernde Höhepunkt, ein Song wie ein sowjetisch besetzter Winterabend, zumindest im kleinen Kopf des Krüppelkindes, das einige Jahre später diesen Gedanken hier aufschreibt.

Unter Scharfschwerdt wurden die Platten und der Beat stracker, gerader, die Songs kürzer, weil vor allem die Achtziger hinsichtlich des Massengeschmacks keinen Platz mehr ließen für eine Aufmerksamkeitsspanne, die acht-Minuten-Songs erlaubte. Das ist der wesentliche Unterschied, bis hin zum anorganischen Drumsample-Wahn der Rammstein-Soundalike-Jahre nach 1999: Die Drummer und die Musik unter ihrem Einfluss. Der leichte, federnde, angedeutete Shuffle aus den Fuß- und Handgelenken von Gunther Wosylus als Teppich für instrumentale Mätzchen gegen das präzise Spiel auf den Punkt von Klaus Scharfschwerdt, und die Grenze vom Verspielten zum Geraden liegt in den Jahren 1980/81.
Ende Oliver

Du hast es genau auf den Punkt gebrachtOliver, eben doch der Musikredakteuer und der Sohn seiner Eltern,LG Hubert!

Zitat von Oliver Jochum uninvited94:
"Ikarus" ist in seiner Grundform und in der Studiofassung handwerklich solider Krautrock mit Uriah Heep-Tendenzen, mehr nicht.
Zitatende

Dem kann man im Grunde zustimmen, wir wollen aber hier mal die Entwicklung und Veränderung der Songs im Laufe der Jahre betrachten.

Oliver hat natürlich Recht, dem heutigen Publikum kann man solche 8-10 Minuten lange Songs nicht vorsetzen,diese Aufmerksamkeitsspanne wäre,vor allem für die jungen Leute, zu groß, wenn man sich mal anhört,was heute überwiegend in den Charts zu hören ist.

Wir lauschten noch begierig den schreienden oder wimmernden Gitarrenklängen und beobachteten dabei mit Spannung den ausführenden Künstler, der bei diesen Soli ja nicht still in der Ecke stehen blieb.
Und diese Künstler verdienten wirklich noch diesen Namen, auch und gerade die Puhdys,natürlich auch viele andere, hier merkte man die Ausbildung und das sie ihre Instrumente perfekt beherrschten. So konnten sie auch leicht mal improvisieren, oder die Passagen im Solo einfach mal modifizieren.
Dazu noch die vorhandene Spielfreude und das einmalige Live-Erlebnis war fertig.

Wir müssen uns wirklich alle 3, von Oliver aufgeführten Songs anschauen, sie gehören ja zu der `Sterne Trilogie`, die beiden Ikarusse und Sterne verspäten sich nie.

Heute schauen wir uns mal den Ikarus von 1978 an, dabei merkt man,dass das Solo wesentlich kürzer ist als in der obigen 82er Ausführung und der Mittelteil mit den beiden Gitarren ist auch noch etwas zurückhaltender. Aber das wird noch besser und heftiger beim nächsten Anschauen.
Und achtet auch mal auf das Schlagzeug und vergleicht mal mit dem,was Oliver als Unterschied zwischen Wosylus und Scharfschwerdt angemerkt hat.
Ich finde,er hat auch da Recht.

Viel Spaß mit dem Ikarus 1978,Gruß,Hubert!

Video Ikarus 1978:

Michael,natürlich hast Du auch Recht mit den Texten,wenn wir die Puhdys im Wandel der Zeit betrachten.
Wir können gerne die Überschrift erweitern und uns nicht nur auf die Live-Konzerte beschränken,aber vielleicht machen wir daraus demnächst mal ein eigenes Thema.

Auch bei mir waren es in erster Linie die Texte,die mich an der Gruppe faszinierten (siehe in meinem Vorstellungschannel).

Hier habe ich jetzt mal eine dritte Version des Ikarus,die für mich fast schon perfekt wäre,wenn, ja wenn das Gitarrensolo am Anfang länger dauern würde.
Der Mittelteil ist optimal,gefällt mir besser als der von Oliver erwähnte bei Ikarus 2 oder Reise zu den Sternen. Das schauen wir uns in den nächsten Tagen (Stunden) hier auch mal an.

Vergleicht jetzt mal die Version von 1979 mit den beiden anderen und sagt mir auch mal,welcher der 3 Ikarusse Euch am Besten gefällt. Gruß,Hubert!

Video Ikarus 1979:

Ja, Michael,Silke,Andreas,Stephan und alle anderen,
die 79er Version war die schmissigste, vor allem im Mittelteil,aber auch die 82er hat was für sich,mal vom längeren Solo abgesehen.
Nur sprang in der Waldbühne der Funke nicht so schnell auf das Publikum über, vielleicht war auch der Abstand zur Bühne zu groß?

Jedenfalls,seit dieser Zeit, so 83 - 84 verschwand der Ikarus für viele Jahre aus dem Live-Programm, zum Leidwesen vieler alter Fans und Fanclubs.
Als Ersatz gab es dann Ikarus 2 oder Reise zu den Sternen,auch ein hervorragender Titel,aber für uns hatte der Original-Ikarus schon Kultstatus.

Natürlich gab es auch noch längere Gitarrensoli, wie zum Beispiel den hier genannten `Stier`,oder auch `Was vom Leben bleibt`, sowie einige andere.
Aber wir, vor allem der Fanclub `Ikarus` aus Fulda trauerten dem alten IK hinterher und versuchten ihn, durch Zugaberufe in den Konzerten zum Leben zu erwecken.

Und dann war es auf einmal so weit!

1991,beim Testkonzert für das Come Back, konnten wir Maschine überreden, zu Ehren unseres alten Fuldaer Fanclubs doch nochmal den Ikarus zu spielen.
Was soll ich sagen,das Solo war zwar kurz,es wurde vorher ja auch nicht geprobt, aber die Fans hoben ab.
Natürlich wurde dieses seltene Ereignis aufgenommen und den Clip stell`ich hier mal rein.

Danach hab`ich den Ikarus in Konzerten eigentlich nicht mehr so richtig wahrgenommen, bis auf die letzten 5-6 Jahre.
Mit dieser Form des Ikarus und wie er heute dargeboten wird hab`ich nicht mehr viel am Hut,aber damit beschäftigen wir uns das nächstemal.
Vielleicht hat hier jemand mal paar neuere Aufnahmen davon,die er hier einstellen kann.Gruß,Hubert!

Video `Ikarus 1991`: