Hast Du sehr fein gemacht anhi. Beim lesen hab ich wie du beim Konzert sowas wie einen Klos im Hals spüren können. Irgendwie schwer zu fassen, dass diese Giganten bald nicht mehr live zu erleben sein sollen. Da verschwindet große Musik von der livebühne. Aber such is live. Wenn man dem Abgang etwas positives abgewinnen will, dann dass sie sich irgendwelche Peinlichkeiten ersparen. Die Konzerte sind musikalisch, auch wenn seit langem ein "Standartprogramm" gespielt wird, nach wie vor erstklassig. Speziell Lipske und Leuschner stellen an Gitarre und Keys so manchen Kollegen gleich ob in Ost oder West locker in den Schatten. Und auch wenn die Finger von Bernd Aust nicht mehr ganz so flink über die Ventile flitzen, der Ansatz der Querflöte passt. Ian Anderson kanns nicht besser. Er zaubert wie eh und je, wenn auch heute hin und wieder etwas gemogelt, mit seinen Blasinstrumenten, einen unverkennbaren Sound in die Band, der nach wie vor in Deutschland seines gleichen sucht. Möglicherweise war Electra die musikalisch stärkste der Ostbands, Zumindest haben sie mit vielen Adaptionen und Coverversionen großer Titel gezeigt, dass man im Osten wusste, wie Musik der Extraklasse gemacht wird ohne den Mainstream zu bedienen. Daran könnten und müssen sich aus meiner Sicht auch heute noch Bands messen lassen.
Ja und wenn man über die Extraklasse Electras philosophiert, muss man auf die Sänger zu sprechen kommen. Da standen mit Manuel van Senden und Peter "Mampe" Ludewig zwei absolute Ausnahmemusiker am Mikro, die der Band in ihrer Zeit jeweils etwas ganz besonderes, unvergleichliches verliehen haben. van Senden - es gab und gibt keinen vergleichbaren Klassikinterpreten im Rock, auch wenn er an seine Klassikkarriere zu electrazeiten wohl eher weniger dachte. Seine Sixtinische Madonna ist ganz sicher eines der herausragenden Ostrockwerke. Ja und Mampe - da betrachte man sich vor allem sein Gesamtwerk. Ein Schöngeist der Extraklasse. Wenn ich es pathetisch darstellen wöllte, würde ich sagen, ein verkanntes und teilweise gebrochenes Genie. Ein ganz, ganz Großer seiner Zunft. Als wäre das nicht genug, ist da noch ein gewisser Stephan Trepte. Und Trepte ist eben mehr als nur der Dom. Aber eben auch DER Interpret dieses Ostrockübertitels. Dazu kommt sein Werk als Macher und Frontmann von Reform, dass electra bis heute in Ehren und lebendig gehalten hat. Ein Grund mehr zur Trauer. Denn Reformtitel wie die fallenden Blätter, gibt es seit vielen Jahren nur noch bei electra mit Trepte zu hören.
Wenn wir aber bei diesen 3 ganz außergewöhnlichen Stimmen sind, will ich nicht unterschlagen, dass auch Gisbert Koreng mehr als eine Notlösung am Gesangsmikrofon war und ist. Er ist vielleicht der kompletteste der electrasänger. Der bei dem alles gut klang und klingt, der alles singen konnte und kann. Aber warum auch immer, er tritt hinter den anderen 3 scheinbar etwas zurück, da ihm die spezielle, persönliche Note, das Unverwechselbare irgendwie zu fehlen scheint.
Ja und da ist nun das Ende angesagt.
Wärend es bei den Puhdys, Karat und anderen Altcombos trotz gelegentlicher anders lautender Aussagen weitergehen soll, machen electra vermutlich Ernst und spielen am Samstag, den
26.09.2015 im Festzelt Obervogelgesang, Pirna
DAS LETZTE KONZERT!!!!!!!!!
Und hier würde ich mir einen zumindest gelegentlichen Rücktritt vom Rücktritt wünschen. Allerdings glaube ich an den nun ganz und gar nicht, weiss ich doch, wie sehr Trepte "schlechte Konzerte" hasst und ein Bernd Aust nicht für halbe Sachen zu haben ist.
Ich kann jedem Musikfreund daher nur empfehlen - auf nach Pirna am 26.09. Da tritt eine ganz große, außergewöhnliche Band von der Bühne ab. Eine Band die ohne eisernen Vorhang das Zeug gehabt hat, mit den ganz großen der Rockzunft in einem Atemzug genannt zu werden. Etwas, dass es im Ostrock ansonsten eher selten gab.