Wenn ich von Freunden gefragt werde: „Na, zu welchen Ostrocksachen gehst du denn so?“, habe ich immer eine Antwort aus drei Wörtern parat „Alles, außer Prinzen!“
Mit Popmusik kann ich nichts anfangen, trotzdem gehört Sebastian Krumbiegel zu meinen MySpace - Freunden, manche Künstler lese ich eher, als dass ich sie höre.
Sein Engagement für Weltoffenheit und Toleranz ist mir schon häufig aufgefallen, so auch bei „Courage zeigen“, dem Festival am Völkerschlachtdenkmal.
Durch ein Bulletin bei MySpace erfuhr ich von seiner musikalischen Lesereise zum Thema „Ängste und Träume“, zu der Sebastian Krumbiegel und der Berliner Gitarrist Kristof Hahn aus dem Buch „Hoffnung säen“ lesen und ausgewählte Titel der aktuellen Krumbiegel - Solo - CD „Geradeaus abgebogen“ vorstellen.
Als ich mitkriegte, dass sie in Mittweida, in der von mir sehr geliebten Bürkel-Halle auftreten, war klar – da muss ich hin.
Diese Veranstaltungsreihe an sächsischen Schulen wurde vom Kultusministerium organisiert, ist eine geschlossene Veranstaltung auf Einladung, um Schüler von verschiedenen Schularten mit dem Thema Migrationsbiographien im heutigen Deutschland vertraut zu machen. Gut und wichtig, wie ich meine, unsere Steuergelder mal ausnahmsweise am richtigen Fleck eingesetzt.
Was sich vom Thema her sehr kompliziert anhört, brachte das Duo Krumbiegel – Hahn, verstärkt durch den Schlagzeuger Thomas Fietz, ganz locker an die Kids. Abwechselnd wurden kurze, sehr emotionale Geschichten aus dem vorgestellten Buch gelesen, in dem Ausländer über ihre Schicksale berichten und erzählen, was sie nach Deutschland geführt hat.
Das Programm ging fast 2 Stunden. Wer weiß, wie schwierig es ist, Jugendliche so lange mit einem Thema zu fesseln, kann ermessen, welche Ausstrahlung die Beiden haben.
Ich gehe davon aus, dass der Großteil der Zuhörer die aktuelle Solo CD nicht kannte, trotzdem sprang sofort der musikalische Funken über und was soll ich euch sagen – sogar bei mir.
Zwei Titel gefielen mir auf Anhieb und zwar „Die Liebenden“ und der Song vom positiven Denken.Die Sachen von der Solo CD klingen nicht so vordergründig nach Prinzen, ganz feine Stücke sind dabei, besonders toll die Instrumentalisierung der Scheibe.
Im Programm hatten sie außer ihren eigenen Titel auch Coverversionen, so auch Udo Lindenbergs „Er wollte nach Deutschland“ und zwei wunderschöne Riotitel. Ganz besonders hat mir „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ von den Comedian Harmonists aus den 20-ziger Jahren gefallen.
Zum Ende des Programms gab es den „Junimond“ und Sebastian sang … du sitzt da oben auf deiner Wolke … ja und da hatte ich dann mit den Tränen zu kämpfen, genau auf dieser Bühne hatte ich 2007 Cäsar mit seinen Spielern erlebt und dieser Riosong passte irgendwie haargenau an eben diese Stelle.
Prominenz nicht nur auf der Bühne, auch an den Reglern saß ein Ostrocker. Die hervorragend eingestellte Anlage ließ diese Musik erst so tief wirken – auch wenn er nicht vorgestellt wurde, es war zweifelsfrei Axel Lorenz, genannt der Pate von Meerane.
Zum Schluss der Konzertlesung fand Krumbiegel sehr eindringliche Worte, er machte seinen Standpunkt zu Fremdenfeindlichkeit klar und meinte, jeder kann was tun, egal ob Sänger oder Schüler und ich hatte den Eindruck, er hat nicht nur den Verstand der Kids erreicht, sondern auch ihr Herz. Für mich war damit jedenfalls wieder mal ein kleines Stückchen Motivation geschaffen, mich von den Widrigkeiten des Alltags in Mittweida nicht abschrecken zu lassen und auch in der Höhle des Löwen diesen angesprochen Themen nicht auszuweichen.
Wie Krumbiegel sagte, gibt es bei den weiteren in Sachsen stattfindenden Konzertlesungen für wirklich Interessierte immer noch ein freies Plätzchen.
Der Fanstand war dicht umlagert und Autogrammwünsche wurden geduldig erfüllt.
Im Anschuss an das Konzert gab es eine Podiumsdiskussion. Diese überzeugte mich leider nicht, viele Schüler hatten sich schon verkrümelt. Ich hatte den Eindruck, dass außer dem Prinzen die meisten anderen Teilnehmer nicht wirklich willens waren, sich auf dieses Thema ehrlich einzulassen.