Danke, Hubert!

Wollte grade nach so etwas fragen

Stimmt. 1998 war ich zu einem Kurzurlaub in Rostock. Und überall hingen Plakate von der SPD.
Und die Puhdys haben da länger als 25 min gespielt, mindestens 1h wenn nicht sogar ein ganzes Konzert. Quasters Frau stand da mit Kinderwagen neben der Bühne.
Da kam ganz schön was rüber vom zukünftigen Kanzler.

Hab mich bei dem Bericht auch die ganze Zeit gefragt, was man uns damit nun eigentlich sagen wollte?
Über die Frage, warum die Puhdys 1992 wieder angefangen haben, ist ja herzlich wenig zu erfahren, und das Wenige ist auch noch so "unglücklich" formuliert (sinngemäß: Nach den ersten Enttäuschungen im wiedervereinigten Deutschland bekamen die Leute plötzlich wieder Sehnsucht nach der "guten alten Zeit"), dass es eher schon diffamierend klingt.
Man wird das Gefühl nicht los, die verantwortliche Redaktion wollte sich vom befragten Zeitzeugen ihre Vorurteile einfach nicht kaputtreden lassen, weshalb ständig auf dem Leitmotiv "Anpassung" herumgeritten wurde, ob "Auftragswerk" oder Wahlkampfauftritt, der Kunstpreis der FDJ in der Aktuellen Kamera, selbst die modischen Veränderungen im Kleidungsstil werden noch als Beleg bemüht.
Nett immerhin der freundliche Recherche-Lapsus zum Thema SPD: Dass man sich mal für Regine Hildebrandt eingesetzt hat ist heute sicher besser zu vermitteln als der gute Draht zu Gerhard Schröder...

SPD, da war was, da sind sie von Stadt zu Stadt geeilt , einmal haben sie in Dresden halt gemacht, muss ich mal bei Gelegenheit gucken, da gibt es sicher "Beweisfotos". Sie haben 20-30 min gespielt und dann waren sie weg, wir auch, dann fingen ja die Kundgebungen an. Also auch in Sachsen, nicht nur in BRB.

Mit dem Comeback kann man auslegen, wie man möchte, sie hatten zu DDR-Zeiten auch keine Not zu leiden, aber der Lockruf der D-Mark war auch hier nicht zu überhören. Und wie Maschine auch jetzt noch gerne sagt, sind sie Musiker und wollen sich nicht mehr umschulen lassen. Und ein gewisser Lebensstandard muss finanziert sein. Im Prinzip haben sie ja gar nicht aufgehört, siehe Huberts Erzählungen zu den Testkonzerten auch hier im Forum. Und genau in dieses kleine Zeitfenster passte "Maschine & Männer" mit dem eher mäßigen Erfolg.
Genau diese Zeit ab 92 rum haben wir intensiv verfolgt, als sie langsam versuchten, wieder "lieb gewonnen" zu werden. Viele Kaufhäuser und Einkaufszentren wurden bereist. Da war die Grenze zur Bühne nur ab und an durch ein Plastikabsperrbändchen gekennzeichnet, was die Kinder - auch meine - dann schnell "ignorieren" durften. Der Schießbefehl war ja abgeschafft. 1994 in Freiberg zum Open Air ging es dann schon gesitteter zu, ebenso auch in Kamenz. Aber da kamen auch paar Tausend Leute mehr zu den Konzerten.
Interessant, so das jetzt klingen mag, fand ich heute durch Zufall auf einer meiner Festplatten einen Mitschnitt (Audio) eines Konzertes "Maschine & Männer" aus dem Jahre 1991 (Audio), muss iwo in Berlin in einem kleinen Kabüffchen gewesen sein und viele dieser Songs fanden später auf folgenden CDs wieder Verwendung. Viele Zuschauer waren da auch sicher nicht. Maschine sprach von einem 2.Konzert in dieser Aufnahme. Vielleicht weiß es ja jemand, wann und wo genau.

Kann da leider nicht weiter helfen, diese "M & M"-Geschichte ist damals irgendwie komplett an mir vorbei gegangen. Hatte zwar davon gehört und war auch gespannt drauf, aber dann war es plötzlich schon wieder vorbei und die Puhdys meldeten sich offiziell zurück. Eigentlich wirklich spannender Stoff für so einen TV-Beitrag - das Nachwende-Comeback, die ganze Vorgeschichte und die Ankunft eines altbewährten Erfolgsmodells in der "neuen Zeit", mit vielen Begleiterscheinungen, über die man sicher auch kontrovers diskutieren kann. Allein schon der Slogan "Was gut ist, setzt sich durch" war in diesen hochpolitisch aufgeladenen Zeiten für mich viel mehr als eine harmlose Bierwerbung, sondern blanker neoliberaler Sozialdarwinismus der übelsten Sorte; ich konnte einfach nicht fassen, dass "meine" Puhdys sich für so was hergeben.
Heute sehe ich da rückblickend auch Vieles entspannter, weil das ja für uns alle, die wir aus dem Osten kamen, ein schwieriger Lernprozess war, in dem jeder versuchen musste, irgendwo seine Position neu zu bestimmen, seinen Platz zu finden und zu behaupten, und wenn ich Maschine richtig verstehe, würde er das Eine oder Andere (z.B. Parteiwahlkampf) heute so auch nicht mehr machen. Aber das sind eben genau die Dinge, die bei der Themenstellung der Sendung mehr in den Fokus gehört hätten, statt uns so einen zusammenhanglosen Gemischtwarenladen aus willkürlich zusammengestoppelten Schnipseln verschiedenster Schaffensperioden vorzusetzen, der sich nicht entscheiden kann, ob er nun eine kritische Würdigung der Band zum Jubiläum sein will oder ein Maschine-Porträt oder vielleicht doch ein bisschen auch exemplarische Beschäftigung mit einem bestimmten, hier "Tapetenwechsel" genannten Abschnitt in der "Geschichte Mitteldeutschlands". Letzteres ist in dem Beitrag jedenfalls wirklich nur mit sehr viel gutem Willen zu entdecken. Für mich ne verpasste (um nicht zu sagen: redaktionell vergeigte) Chance.