Heute erhalten, Newsletter von Tante Ju:
Liebe Luftpostler,
obwohl seit der Vereinigung von Ost und West inzwischen schon zwei Jahrzehnte vergangen sind, ist die Liste der ehemaligen Ostbands, welche noch immer oder wieder auf Tour sind, noch recht lang.
Nicht nur für diejenigen, welche sich gern an diese Bands erinnern, haben wir unter dem Motto "Der Osten Rockt" zwei sehr interessante Gruppen der damaligen Szene nach Dresden geholt.
TRANSIT wurde Ende 1973 von Egon Linde (Gesang, Gitarre) und Siegfried Scholz (Keyboards) gegründet. Als weitere Bandmitglieder kamen im Lauf der Zeit eine Reihe von Schlagzeugern (Michael Behm, Winfried Reichelt, Detlef Herm, Lutz Krüger, Tom Müller), Bassisten (Peter Schewe, Frank Görke, Ulrich Schauf, Henry Roeder) und Saxophonisten (Sdravko Kunev, Frank Schönfeld) hinzu.
Mit ihren zahlreichen Balladen erinnerte die Musik von Transit stark an die damaligen Songs von Udo Lindenberg, zumal der Gesangsstil Lindes dem Stil Lindenberg sehr ähnelte. Im Gegensatz zu diesem stammt Linde jedoch von der Küste – der mecklenburgischen Ostseeküste – so dass Bezüge in den Liedtexten zum Leben an der Küste naheliegender als bei Lindenberg waren. Mecklenburg und die Ostseeküste waren häufig Themen der Lieder von Transit (u. a. Ich fahr an die Küste, ein Hit von 1975, Zelten von 1976, Sturmflut von 1979, Die Insel von 1980 und Winter an der See von 1984).
Eine weitere Besonderheit der Gruppe war ein ausgesprochenes Interesse an geschichtlichen und sagenhaften Inhalten, welches in Titeln wie Bernsteinhexe, Hildebrandslied (beide 1980), Jona (1981) und Ritter Kahlbutz (1982) zum Ausdruck kommt, und schließlich in der 45-minütigen Rocksuite Klaus Störtebeker von 1982 gipfelte. Der Dramatiker Peter Hacks steuerte hierzu einige Liedtexte bei.
DDR-weit bekannt wurden Transit vor allem wegen der Stimme des Leadsängers Linde, die deutlich an Udo Lindenberg erinnerte - die erste, äußerst erfolgreiche Produktion der Gruppe Ich fahr an die Küste wies nicht von ungefähr musikalische und textliche Parallelen zu dem Lindenberg-Titel Hoch im Norden von dessen zweiter LP Daumen im Wind auf. Folgerichtig wurden im Zuge des kurzzeitigen kulturpolitischen Tauwetters Mitte der 1970er Jahre (Weltfestspiele 1973) die Kulturverantwortlichen der DDR auf die Gruppe aufmerksam, bot sich doch hier eine Möglichkeit, den Wunsch der rockbegeisterten Jugendlichen nach Künstlern aus dem Westen auf eine einheimische Band zu lenken. Der Band konnte das nur Recht sein, und so finden sich in der Folgezeit in ihrem Repertoire auch immer wieder Songs in typisch Lindenbergscher Stilistik wie Der Junge sitzt am Ufer (1977) und Ein Mädchen wie du (1982).
Nachdem Udo Lindenberg 1983 seinen Sonderzug nach Pankow veröffentlicht hatte und damit bei der DDR-Kulturbürokratie vorerst in Ungnade gefallen war, wurden seine Epigonen nicht mehr gefördert. Auf großen Veranstaltungen durfte Transit nicht mehr spielen, bereits geplante Konzerte wurden von den Veranstaltern abgesagt und die Veröffentlichung der bereits produzierten Rocksuite Klaus Störtebeker gestoppt. Bis 1989 gaben Linde und Scholz noch als Duo Konzerte in Clubs.
Egon Linde begann in seinem Studio Theater- und Ballettmusiken zu komponieren; für das Volkstheater Rostock Kleine Meerjungfrau und für das Theater in Cottbus Mein Kampf. Ein Kinderballett für das Theater in Brandenburg folgte. Mit der Wende ging der Verdienst gegen Null. 1993 gründete Linde eine Firma, die Aluminium-Glas-Konstruktionen vertrieb. Die meiste Zeit ist Linde allerdings beruflich als Skipper auf der eigenen Yacht unterwegs.
Ein kleines Label veröffentlichte 1997 die 1982 beim Rundfunk der DDR produzierte Störtebeker-Suite, bei BMG erschien 1998 eine Best Of-Kompilation, und schließlich wurde 2004 die CD Winter an der See veröffentlicht.
Das besondere ist, das TRANSIT nach 20 Jahren wieder auf der Bühne steht und dabei noch immer in Originalbesetzung spielt.