Am vergangenen Wochenende machten wir mal die Gegend um Senftenberg unsicher. Waren lange nicht da und staunten, was sich dort so getan hat.
Bei der Fahrt zum Geierswalder See (eine feine Kitelocation) kamen wir an einer Tankstelle vorbei, die keinen Sprit führte, sondern Eis.
Neugierig machte mich der Schriftzug "Mokka-Milch-Eisbar" und sofort assoziierte ich damit die entsprechende Lokalität in Berlin - für ein Landei wie mich der Gipfel der Genüsse, wenn man es mal bis in die Hauptstadt geschafft hatte.
Natürlich fällt einem als gelernter DDR Bürger sofort der Hit "In der Mokkamilcheisbar" von Thomas Natschinki ein.
Da ich gerade gequengelt hatte "Ich will ein Eis" hielt mein Mann doch tatsächlich an besagter Tankstelle an.
Und was ich da sah, verschlug mir fast den Atem. Ein Eiskaffee, ausgestaltet mit allem was uns in unserer Heimat DDR lieb und teuer war.
Aber auch die Gastronomie war kompromisslos ostdeutsch.
So was muss ins Puhdysforum, das war klar. Also hab ich dort mal auf den Auslöser gedrückt und kann euch zeigen, was die Mokkamilcheisbar so einmalig macht.
Der Firmeninhaber hat sich übrigens den Begriff "Mokkamilcheisbar" urheberrechtlich schützen lassen und da in Berlin in dieser Richtung scheinbar inzwischen tote Hose ist, lebt der Stichwortgeber für den Natschinski Hit in Lauta bei Senftenberg in Form einer ausrangierten Tankstelle weiter. Finde diese Idee klasse.
An den Wänden hängen Schautafeln mit den wichtigsten Zeitschriften der DDR, es gibt eine kleine Vitrine mit Ostsammelstücken und die der Gipfel des Ganzen, eine voll funktionstüchtige Musikbox aus den 60ziger Jahren mit den entsprechenden DDR Schlagern. Kinderfreundlichkeit wird wie im Osten groß geschrieben. Es gibt eine Spielecke mit Ostspielzeug und vor der Tür stehen Kinderfortbewegungsmittel aus der DDR. Alles natürlich zum Ausprobieren.
Als wir rein kamen, lief über die Musikanlage gerade dezent im Hintergrund City. Man fühlte sich sofort wohl.
Das Angebot an Speisen und Getränken sowie auch das Geschirr war original Ost.
Als Eismarke wird "Komet Speiseeis" angeboten.
Die in den 60zigern groß geworden sind, können sich bestimmt an die silbernen Tütchen erinnern - man konnte damit Eis selbst machen. Tiefkühlschränke gab es nicht, also musste es ins winzige Gefrierfach des Kühlschranks in die Eisschale. Wenn es gefroren war, zog es solche komischen Fäden. Seit dem ist mein Verhältnis zu Komet gestört.
Aber diese Chemnitzer Firma hat es tatsächlich bis in die Marktwirtschaft geschafft - die Puhdys singen dazu "Was gut, gut, gut ist setzt sich durch".
Wir hatten Soljanka bestellt, Eisbecher, Nachspeise und Eiskaffee - alles zusammen für um die 10 Euro. Also durchaus bezahlbar.
Die Soljanka war etwas sauer und ungebunden - aber dann fiel mir ein, an was sie mich erinnerte. Sie war so wie früher gemacht und inzwischen ist unser Geschmack etwas verwestlicht. Nötigte mir aber Respekt ab, diese Kompromisslosigkeit.
Mich interessierte, ob es von Seiten des Besitzers Kontakte zu Thomas Natschinski gibt. Ich erhielt freundlich Auskunft. Außer dass das Lied dort oft gespielt wird, gibt es bisher keine Berührungspunkte.
Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Dieses Kaffee stelle ich mir als tolle Kulisse für eine musikalische Natschinski Lesung zum Buch "Verdammt, wer hat das Klavier erfunden" vor. Ein Klavier steht tatsächlich im Gastraum.
Wäre aus was für unser Duo Apfeltraum mit ihren Ostrockprogramm, sie sind ja aus der Gegend.
Ob sich der Inhaber Herr Silvio Müller schon mal an Kulturprogramm rangetraut hat, kann ich nicht sagen. Ideale Bedingungen dafür hat er. Wo gibt es noch so eine große überdachte Freifläche wie an dieser ehemaligen Tankstelle?
Also wer von euch mal am Senftenberger See ist, kann durchaus mal einen Abstecher nach Lauta wagen.
Wir wünschen dieser ausgefallenen Idee weiter viel Erfolg und immer zufriedene Gäste, so wie wir es waren.