„Mal sehen, wohin die Reise geht“ – Reinhard Fißler
(angeregt durch einen Artikel in der „Sächsischen Zeitung“ vom 21. August 2011)
Ich kann mich an zwei Kinderfilme erinnern, die ich – na wann wohl – in meiner Kinderzeit irgendwann Mitte der 50er mehrmals gesehen habe. Beide erzählen eine Geschichte aus den Sommerferien, von einer Reise und davon, welche Abenteuer man dabei erleben kann. Ich meine die beiden Kinderfilme „Die Fahrt nach Bamsdorf“ und die Fortsetzung „Abenteuer in Bamsdorf“. Im ersten Film singt ein fröhlicher Kinderchor ein Lied und eine Liedzeile heißt: „Wohin soll denn die Reise gehn, wohin ja wohin.“ Es ist schon irgendwo „blöd“ und für manch Jüngeren vielleicht auch nicht nachvollziehbar, dass es solche Erinnerungen und Assoziationen gibt.
Jedenfalls musste ich sofort an das Lied in dem Film denken, als ich die Liedzeile von Reinhard Fißler in der SZ las: „Mal sehen, wohin die Riese geht“.
Obwohl inzwischen durch ALS beinahe vollständig gelähmt und aller notwendigen „normalen“ Handlungsfähigkeiten durch die heimtückische Krankheit beraubt, macht sich Reini auf eine Reise und ist neugierig, wohin sie gehen wird. Davon jedenfalls scheint dieses Lied vielleicht zu handeln, denke ich mir. Während Stephen Hawkin, der Physiker mit einem ähnlichen Schicksal, uns „mal so nebenbei“ vermittels seines Sprachcomputers das Universum und die Möglichkeiten von außerirdischen Leben irgendwo „da draußen“ zu erläutern versucht, macht sich Reini auf eine Reise, die anderen Menschen, denen das Schicksal auch ein Bein gestellt hat, Mut für ihr eigenes Leben geben kann und soll.
Ich denke so für mich, dass wir alle manchmal viel zu schnell dabei sind, über ein paar Unwägbarkeiten des Lebens zu jammern und dabei gern vergessen, wie beschissen es anderen geht. Sowohl Hawkin in seinem Rollstuhl, als auch Reini auf seinem fahrbaren Bett, lehren mich seit geraumer Zeit, dass Leben in, auf den ersten Blick, ausweglosen Situationen, auf völlig andere Weise gehalt- und sinnvoll sein kann. In besonderer Weise berührt mich da eben die Wandlung eines Reinhard Fißler von einem vom Erfolg verwöhnten Rock-Star zu DDR-Zeiten zu einem äußerst sensiblen Beobachter und kritischen Zeitgenossen, der seine verbliebenen Kräfte dahin investiert, wo Menschen in seiner Umgebung sie brauchen können. Das beeindruckt mich in zunehmenden Maße, weil es so selten, so beispielhaft und so anders in dieser Gesellschaft ist.
Mir ist genau genommen auch „wurscht“, ob die neue CD der Stern Combo Meissen im September, Oktober oder zu Weihnachten kommt. Das interessiert in 10 Jahren sowieso kein -Pardon! - Schwein mehr. Die Band möchte, dass ihr ehemaliger Frontmann für diesen Silberling einen Beitrag leistet und nur das allein, und ein paar nebensächliche Unwägbarkeiten, scheint mir der richtige Maßstab für deren Veröffentlichung zu sein und dieses Miteinander ist es auch, was so einen „Musikantenhaufen“ zu etwas besonderen macht.
Ich kann nur wiederholen, was ich in Meissen 2010 versucht habe zu formulieren: Vor Menschen wie Reinhard Fißler kann man sich reinen Gewissens verbeugen. Besser ist es, wir lernen von ihnen und versuchen dort selbst etwas zu tun, wo diese Gesellschaft zu träge, zu faul und zu egoistisch ist. Zwar können wir damit dieses System nicht ändern, doch manche von uns könnten das sein, was David Bowie in einem seiner schönsten Lieder singt – „Helden für einen Tag“ (oder auch für zwei?)!
Danke Petra, ohne Dich hätte ich das überlesen!!