Saiten- und Stimmzauber mit Trixi G. im Kunsthof Gohlis
Wenn die Tage immer kürzer werden, die Luft frisch, die Nächte immer länger und sich der erste Frost ankündigt, dann sollte man es sich kuschelig und angenehmen machen. Deshalb stand der große Raum im Kunsthof Gohlis gestern Abend voller großer Pflanzen, die den ganzen Sommer über den Hof zu einem Garten gemacht hatten. Das Grün drinnen und die engen Sitzecken machten genau die Kuschelatmosphäre aus, die ich mir vorgestellt hatte. Es ist wie zu Hause im Wohnzimmer, nur dass es hier mehr Tische und Stühle gibt und ein Tresen zusätzlich zum Verweilen einlädt. In dieser Umgebung Freunde zu treffen, verstärkt das Gefühl, angekommen zu sein.
Das Rock-Chanson-Duo TRIXI G. ist inzwischen vom geheimen Insidertip zum beachteten Live-Act für außergewöhnliche Performance, zumindest unter Kennern, geworden. So trafen sich auch einige der Spezies „Kenner & Konzertgänger“ an diesem Freitagabend unter der bekannten Adresse. Wenn die großen Namen in den noch größeren Hallen sich nicht vermeiden lassen, will man die heimlichen Stars seiner Jugendjahre wenigstens ein Mal live erleben, so bieten diese kleinen Club-Ereignisse im Gegensatz dazu die ideale Chance auf ganz und gar intimen Musikgenuss. Wenn dann noch so ein Gitarrenvirtuose wie UWE DUCKE seine Gitarrensaiten neben einer Stimme wie der von TRIXI zum Schwingen bringt, dann ist Gänsehaut vorprogrammiert.
Ein Plätzchen für mich direkt vor dem Podium, mit einem grünen Pflanzenvorhang hinter mir, war schnell gefunden. Die Reise durch Trixi’s Liederbuch mit bekannten Perlen und nagelneuen Liedern, die bearbeiteten Versionen von Gundermann und der blonden Tamara inbegriffen, konnte beginnen.
Wenn Uwe die Saiten anschlägt, webt er einen Klang- und Rhythmusteppich auf dem sich die einzigartige Stimme der Sängerin austoben kann. So entstehen fesselnde und immer wieder anders prickelnde Interpretationen von „1001 Nacht“ und „Ich frag nicht mehr“, die man entweder schon live kennt oder sich per „Live In Berlin“ (2009) ins eigene Wohnzimmer geholt hat. Auch wenn man Gundermann-Stücke wie „Gras“ schon in- und auswendig zu kennen meint und sich Silly mit „Flieg“ schon lange in die Gehörgänge gefressen hat, so entdecke ich auch immer wieder bei einem Besuch der beiden Musikanten neue und andere Nuancen. Die fremden Kompositionen werden nicht einfach nur gesungen, sondern sie bekommen neues Leben eingehaucht, das Kraft zu vermitteln mag. Wenn im Raum „Über ihr taute das Eis“ erklingt, muss man sich schon Mühe geben, will man die ursprüngliche Songsstruktur erkennen, um ihr zu folgen. Besser ist es, so glaube ich, sich einfach auf das neue Spiel einzulassen, weil dann auch neue Bilder und Assoziationen entstehen können, die weit weg vom Original führen, ohne es verleugnen zu wollen.
Im Laufe des Abends spielen sie sich und uns durch ihre eigenen „Top Twenty“ und ein kleines Stück weiter. So sind es denn auch die neueren Songs, die ganz besondere Aufmerksamkeit bekommen und bei denen man schon auch die Ohren bewusst weiter öffnet, um wie bei „Fluss der Zeit“ etwas tiefer eintauchen zu können. Mir hat ganz besonders die kräftige Intensität von „Maskentanz“ gefallen und auch Trixi merkte man an, wie Stimme und Körper wie von selbst versuchten, mit Mimik und Gestik die musikalische Botschaft zu unterstreichen. Hut ab, das könnte wieder eine interessante CD werden „wann immer sie auch kommen wird“ (O-Ton Trixi).
Zu vorgerückter Stunde, die Raucher hatten die Kälte mit nach drinnen gebracht, neigte sich das Konzert in gemütlich-kleiner Runde dem Ende zu. Eines der zusätzlichen Lieder nach der von „freundlichen“ Nachbarn verordneten „Grenzstunde“ in der Nähe der Elbe blieb mir dann auch länger im Ohr kleben. Silly’s „Panther im Sprung“ hat mich schlicht gefesselt, oder besser, umgehauen, so völlig anders gestrickt und dennoch beißend schön ist diese andere Interpretation. Kaum zu glauben, dass aus dieser zarten kleinen Lady eine derartig geballte Ladung unbändige Glut und stimmliche Schärfe ausbrechen kann. Diese Art Musik wirkt wie eine Droge, denn nur ein Mal hören, lässt einen eher unbefriedigt nach Hause fahren. Zum Glück war dies schon eine meiner Wiederholungstaten, aber ganz bestimmt nicht die letzte, die mich zu TRIXI G. und dem herzlichen Lachen einer Ausnahmesängerin geführt hat. Wir sehen uns, jede Wette!