Vom vergangenen Freitag bis zum Sonntag fand in Oettersdorf ein schnuckeliges, kleines OPEN AIR-Festival statt. Eigentlich war das Festival so gut mit Bands besetzt, dass man hätte das ganze WE dort verbringen können. Musikalisch war die Sache ziemlich breit gefächert Blues, Rock, Folk, Mittelalter-Rock, Hardrock - für jeden Geschmack war etwas dabei.
Unter anderem traten 44 Leningrad, Die Rockys, Engerling, Freygang, Ohrenfeindt und Ingrimm dort auf. Ich hatte ursprünglich trotzdem für das Wochenende anders disponiert.
Meinereiner warf aber am Sonnabendnachmittag plötzlich wieder mal alle Pläne über den Haufen und düste über die bundesdeutschen Autobahnen zu einem Kurzbesuch nach Oettersdorf. Was war passiert? Ich hatte plötzlich eine fast unstillbare Sehnsucht nach Transit und dagegen konnte nur der Besuch beim Live-Auftritt von Egon Linde & Co Abhilfe schaffen. Vielleicht haben mich die Nachrichten über die neue CD Transit durchs Leben einfach so wuschig gemacht. Dieser Tonträgerscheibe fiebere ich j schon lange entgegen.
Da zeitnah zu Transit auch noch Moods of Ally auf dem Oettersdorf OPEN AIR spielte, lohnte sich diese Reise für mich wirklich. Auf jeden Fall trug mich mein kleiner koreanischer Bolide ziemlich zügig dem in Thüringen gelegenen Ziel entgegen.
Ganz in der Nähe der Stadt Schleiz befindet sich das etwa 850 Seelen zählende Dorf Oettersdorf. Bis zur nächsten Auffahrt der Bundesautobahn 9 sind es auch nur 5 Kilometer. Na bitte, klappt ja alles bestens, dachte ich so bei mir als ich mein Gefährt in unmittelbarer Nähe des Veranstaltungsortes abstellte. Nach Entrichtung des Eintrittsgeldes betrat ich das Veranstaltungsgelände und war gleich angetan vom Umfeld und der Atmosphäre. Was Dirk Pasold und der gesamte Rockclub Oettersdorf e.V. hier zum 21.Mal auf die Beine gestellt haben, ist aller Ehren wert. Ich denke, dass der Verein ein Rundum-Sorglos-Paket für die aufgeweckten und umtriebigen Fans guter Rockmusik geschnürt hat. Rund um das abgesperrte Veranstaltungsgelände war ausreichend Platz zum Parken und Zelten vorhanden. Die Besucher hatten also nur kurze Wege zu gehen. Die Musiker traten wechselnd auf einer open air- und einer Zeltbühne auf. Dadurch gab es kaum Leerlauf wegen Bühnenumbau und Soundcheck. Wer wollte, konnte so auch alle Künstler sehen. Versorgungsstände für Speisen und Getränke zu sehr moderaten Preisen waren genügend vorhanden.
Natürlich gönnte auch ich mir eine Bratwurst vom Grill, schließlich waren wir in Thüringen und da soll es immer noch die schmackhaftesten Röster geben. Beim leckeren Gerstensaft musste ich als Kraftfahrer aber leider passen. Ein Kaffee leistete mir aber auch gute Dienste. Frisch gestärkt begab ich mich zur open air-Bühne. Die Band Moods of Ally hatte schon das Zepter des Handelns übernommen und viele Besucher ließen sich vom Rhythmus der Musik anstecken. Das war auch kein Wunder, denn die Ohren bekamen mächtig was zu hören, nämlich eine ganz starke Band, die sich verschiedener Songs der Musikgeschichte vorgenommen und eigenständig bearbeitet hat. Die Art und Weise, wie Moods of Ally aus diesen Liedern etwas Eigenständiges und Neues zaubert, ist schon beeindruckend. Ich kann nicht behaupten, dass ich alle Titel im Original kenne oder mag, die am Sonnabend von der Band gespielt wurden. Da sind Soul-, Blues-, Rock- oder Songwriter-Titel aus mehreren Jahrzehnten dabei. Moods of Ally hauchen ihnen aber viel Feuer und eine ordentliche Portion schmutzigen, schwitzenden Rock’n Roll im Stil der 60er und siebziger Jahre ein. Gitarrist Tobias „Tobi“ Hillig hat daran einen großen Anteil, denn wenn er die 6 Saiten spielt, fühlt man sich im Stil und in vielen Tönen an die Rolling Stones erinnert. Sängerin Steffi Breiting konnte eindrucksvoll beweisen, dass sie eine außergewöhnliche Gesangsstimme hat und diese auch ausdrucksvoll wie ein Instrument einsetzen kann. Sie klingt unverwechselbar, leicht rauchig und warm. „Love Me Like A Man“ von Bonnie Raitt, Jackson Browne’s „Under the Falling Sky“ oder “Soulshine” aus dem Hause Allman Brothers erlebten eine Wiedergeburt, die Lust auf mehr machte. Keyboarder Ralf Müller, Bassist Rene Bock und Drummer Ralf „Rundi“ Jähn sorgten für Rhythmus und Drive. Die gesamte Band bildete eine in sich stimmige musikalische Einheit. Es hat mir Spaß gemacht, diese Band wieder mal zu erleben.
Transit spielte dann 2 Sets von jeweils ungefähr einer Stunde auf der Bühne im Zelt.
„Wir sind wieder on the road. Manchmal frag ich tut das not. Wer kann schon aus seiner Haut. Die alten Rocker sind wieder aufgetaucht“ (Textauszug aus „Back Again“ von Transit). Mit dem Titel „Back Again“ als Opener überraschte die Gruppe Transit die Fans beim Comeback-Konzert vor zweieinhalb Jahren auf der Parkbühne Berlin-Biesdorf. Mit diesem Lied schlugen Egon Linde und seine Männer damals gleich eine Brücke von der Vergangenheit in die Gegenwart. Seit diesem Konzert bin ich auch wieder gelegentlicher TRANSIT-Reisender und wenn Egon singt „auf den Autobahnen Rostock – Gera und Berlin sieht man uns jetzt wieder unsre Kreise zieh'n“, gilt das nicht nur für die Band sondern auch für einige Fans, denn auch diese können nicht aus ihrer Haut und mancher hat nach Jahren der Pause plötzlich wieder Spaß am Leben als Rock’n Roll Zigeuner. Wobei ich meinen allgemeinen Aktionsradius für Konzertbesuche im Normalfall auf die Bundesautobahnen nach Berlin, Leipzig und Gera eingrenzen kann. Ich fühle mich ganz wohl dabei und mir reicht es, dass sich so die Wege von Transit und mir ein paar Mal im Jahr kreuzen. Ich habe ja musikalisch vielfältige Interessen und von daher sowieso nicht den Anspruch bei jeder Mugge dabei zu sein. Das ist aus meiner Sicht auch ein schöner Aspekt an unserem Hobby, dass jeder selbst bestimmt, wie intensiv er es auslebt und zu welchen Konzerten er geht. Diesmal hatte ich meinen selbst gesteckten Aktionsradius um rund 50 Kilometer überschritten, um Transit zu erleben. „Back Again“ war dann auch der erste Titel, den Transit in Oettersdorf spielte. Das war ein schöner und rockiger Beginn Man kann natürlich auch schreiben, dass es inhaltlich die musikalische Kurzfassung von Transit gestern- heute- morgen ist.
Wir leben zwar im Computerzeitalter und diese technische Entwicklung geht auch an Kunst und Kultur nicht spurlos vorbei, aber handgemachte (Rock-)Musik ist trotzdem nicht unterzukriegen. Die Gesetze der Logik sind nun mal nicht alles im modernen Zeitalter. Ganz im Gegenteil - Gefühle, Emotionen und menschliche Wärme kann kein Mikrochip erzeugen. Es bedarf dazu eines oder mehrerer denkender und fühlender Menschen. Außerdem würde es doch ziemlich doof aussehen, wenn wir Woche für Woche vor irgendeiner Bühne einem seelenlosen PC zuhören würden, der sein Musikprogramm immer und überall gleich abspult. Das wäre eigentlich nichts anderes als ein öffentliches CD anhören. Wahrscheinlich ist der Stellenwert einer ordentlichen Livemugge für mich in den letzten Jahren sogar noch größer geworden, wobei die Betonung auch auf LIVE liegt. Das hat sicher auch etwas mit dem gerade Geschriebenen zu tun, aber auch eine ganze Menge mit meinem eigenen Leben und mit Lebensqualität. Ich brauche Livemusik einfach um zu (über-)leben. TRANSIT ist da für mich eine echte Bereicherung und eine feste Bank.
Auch an diesem Abend war TRANSIT wieder als druckvolle, leidenschaftliche und musikalisch vielfältige Band zu erleben. Da hüpft das eigene Herz von alleine und lacht vor Freude, wenn man diese Truppe erlebt. Man wird bei den Jungs nie aufgesetzte und/oder einstudierte Gesten oder Mienen sehen. Die ehrliche Spielfreude und das unkompliziert-sympathische Auftreten der Musiker faszinieren mich immer wieder aufs Neue. Dass selbst ihre „Evergreens“ wie „Ich fahr an die Küste“, „Sturmflut“ oder „Ein Mädchen wie Du“ eigentlich zeitlos sind und obendrein manchem aktuellen Chart-Schrott qualitätsmäßig meilenweit überlegen sind, wissen wir wohl alle. Außerdem waren sie ihrer Zeit oft voraus. Mit der „Bernsteinhexe“ und dem „Hildebrandslied“ spielten sie zum Beispiel Anfang der 80er Jahre schon Lieder im Mittelalter-Rock-Stil als noch kein Hahn nach Mittelalter-Rock krähte. TRANSIT ließ sich nie in eine untere Schublade einordnen. Natürlich waren und sind sie für mich Ostrocker, aber von da an wird es schwierig. Ich bin mal so vermessen zu schreiben, dass TRANSIT aus liedhaften Rock, Hardrock-Elementen, Reggae-Einflüssen, elektronischen Klangteppichen und Volkslied-Anleihen einen ganz eigenen Stil kreiert hat.
Ich finde es einfach wunderbar, wie kreativ die Gruppe Transit heutzutage noch ist. Die beiden CDs „Übers Meer“ (2010) und „Durch’s Leben“(2012) sowie die mich immer wieder begeisternden Muggen der Jungs sind dafür machtvolle Belege.
Ich bitte, das Folgende nicht in den falschen Hals zu bekommen, aber
es gibt Musiker/Bands, deren Musik vermittelt mir ein Gefühl von Vertrautheit und Geborgenheit. Deren Lieder verstehe ich, sie lösen in mir Gefühle aus und die kann ich für mich auch interpretieren. Das ist entfernt vergleichbar mit dem herrlichen Gefühl endlich wieder daheim zu sein oder in seine alten Lieblingsklamotten zu schlüpfen. TRANSIT gehört für mich ohne Zweifel zu diesen Bands. Nein, die Hellwigs mit dem „Kufstein-Jodler“, „Er schenkte mir den Eifelturm" von Christina Bach oder Stefanie Hertels „Über jedes Bacherl geht ein Brückerl“ zählen nicht dazu! *g*;-).
Ich habe während die Mugge oft ins Publikum geschaut und durfte dabei feststellen, dass es doch viele Festivalbesucher gab, die insbesondere die „Alten“ Balladen“ wie die „Bernsteinhexe“ und „Ein Mädchen wie Du“ innig und mit einem erinnernden Lächeln mitsangen. Ja, man kann bei diesen Klassikern gedanklich in das Land vor unserer Jetzt-Zeit zurückreisen. Man muss sich deswegen nicht schämen, denn auch das war unser Leben. Mein / unser „Dörfchen“ hieß nun mal auch DDR: Dafür kann ich nichts, aber ich möchte mein bisher gelebtes Leben auch nicht tauschen.
Die Stimme von Egon Linde geht mir immer wieder unter die Haut und es ist immer wieder eine Freude, ihm zu lauschen. Viele Jahre hat er uns ja darauf warten lassen. Dafür ist er heute aber auch wieder mit Lust und Freude Musiker mit Haut und Haar. Das spürt man, wenn man ihn hört und auf der Bühne sieht. Das gilt aber auch für seine Mitstreiter. Drummer Hans-Jürgen Beier zum Beispiel merkte man vor der Mugge schon ganz deutlich an, dass er endlich rauf auf die Bühne wollte. Bassist Jörg Dobersch und Eghard "Egge" Schumann stehen aber ihren Kollegen da in keiner Weise nach. Den Jungs ist einfach allen anzumerken, dass sie Spaß an der Musik haben. Die Transit-Zeit ging einfach wieder mal viel zu schnell vorbei und „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ setzte den von der Uhr vorgegebenen Schlusspunkt. Dass die Jungs gerne noch länger gespielt hätten, glaube ich ihnen aufs Wort.
Heute mache ich zum Abschluss meines Berichtes mal Kassensturz. Was hat der Tag mich gekostet?
1 Eintritt: 20 Euro
1 Bratwurst: 2 Euro
2 Kaffee: 3 Euro
2 Festival-Shirts: 24 Euro
1 Tankfüllung: rund 75 Euro.
Als ich daheim ankam war ich also um 124 Euro ärmer, meine Kalesche hatte rund 500 Kilometer mehr auf dem Kilometerzähler und ich war dazu auch noch müde. Trotzdem tut mir keine Meile und kein Cent leid. Ich freue mich schon jetzt auf den Herbst, wenn Transit endlich wieder die Sachsen mit Konzerten verwöhnen wird.
Gruß Kundi
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. Du weiß ja, wenn sie bei uns in Sachsen spielen und wenn es mit dem Dienstplan klappt, bin ich auch dabei.
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