Gedanken für einen wie ich - für einen Freund
in Ostrock allgemein 09.04.2008 16:23von HH aus EE (gelöscht)
„Es gibt Momente, da stellen sich die Weichen,…. „ singt Hansi Biebl in einem seiner Lieder.
Jeder kennt solche Momente in seinem eigenen Leben. Meist rückblickend, erkennend und begreifend: Die erste große Liebe, die abschließende Prüfung oder eine scheinbar alltägliche Begegnung, deren Stellenwert man erst Jahre später begreift.
Mir ist aus meiner Jugend ein Titelbild der Satirezeitung EULENSPIEGEL in Erinnerung, auf dem laut singende Jugendliche dargestellt waren und darüber die Zeilen
„ Ei wont to hol’ your Hemd „.
Dieses “I Want To Hold Your Hand” und “ She Loves You, Yeah, Yeah, Yeah“ haben sich damals sehr tief in mein Leben eingebrannt. In das Leben einer ganzen Generation.
Das rebellische und aufmüpfige Sahnehäubchen folgte kurz darauf mit “(I Can’t Get No) Satisfaction” und als dann auch noch „My Generation“ aus den Radios donnerte, war’s um mich völlig geschehen.
Der Moment, um den es hier gehen soll, liegt im Jahre 1970 und war ein Konzert in Elsterwerda mit der KLAUS RENFT COMBO.
Ich hatte RENFT schon zwei/drei Jahre vorher mit Hans-Jürgen Beyer als Sänger erlebt, der auf der Bühne knie’nd wie PAUL JONES dieses bewegende „Set Me Free“ aus dem Film PRIVILEGE sang.
1970 stand mit CÄSAR ein Gitarrist auf der Bühne, mit dem ich mich von diesem Moment an vollkommen identifizieren konnte.
Der war schüchtern wie ich, spielte Gitarre, wie ich es gern gekonnt hätte und sang Lieder, deren Inhalte meine Gefühle rotieren ließen – „ Hab’ gelegen unter’m Apfelbaum „.
Von da an war ich das, was umgangssprachlich FAN genannt wurde und RENFT war eine Quelle, aus der ich schöpfen durfte.
Peter „CÄSAR“ Gläser ist so alt wie ich.
Im unschuldigen Alter von Sieben lernte er das Flötenspiel – ich übte von meinem 7. bis 14. Lebensjahr auf einer Geige.
In seiner Biografie beschreibt er, wie er zur Gitarre kam – ich hab’ meinem Vater zu verdanken, dass ich ebenfalls auf dieses Instrument umstieg und mir ebenfalls irgendwann dieses „Monday, Monday“ aufdrückte.
Nach dem Abitur mit Facharbeiterbrief musste ich, wie CÄSAR, zur Fahne. Er spielte dort in einer Band, ich in einem Berliner Singeklub.
Als ich 1970 die Uniform wieder auszog, erlebte ich besagtes Renft-Konzert an einem Sonntagmorgen gemeinsam mit meinem Vater – es gibt solche Momente, die man festnageln möchte!
In jenen Jahren habe ich mir die RENFT-Platten gekauft und mir die Autogramme der Musiker darauf geholt.
Gleiches habe ich später mit den Scheiben von KARUSSELL gemacht.
Als ich schon längst beruflich „ in der Kultur „ tätig war, konnte ich mir endlich den Wunsch erfüllen und selbst ein Konzert mit CÄSAR und KARUSSELL organisieren.
Das war am 18. November 1978 und noch heute sehe ich mir die damals entstandenen Fotos gern an.
Nach der politischen Neubewertung unserer Lebensleistungen wollte auch ich nichts mehr mit alledem zu tun haben – ich konnte mir eine weitere Steigerung einfach nicht vorstellen.
Stattdessen erlebte ich endlich einen Bruchteil meiner Jugendsünden live: Deep Purple, Pink Floyd, Jethro Tull, Rolling Stones, McCartney und natürlich THE WHO !
Am 9. Oktober 2006 starb Klaus Renft am Krebs.
Mein Vater und mein Schwiegervater mußten auch auf diesem Wege gehen.
Das Gedenkkonzert für Klaus, das zu besuchen ich mich spontan entschlossen hatte, war wieder mal so ein Moment.
Da oben „ auf der Rampe „ standen sie wieder: CÄSAR, Monster, Beyer und Heinz.
Von da an geschah alles wie im Selbstlauf – das Weihnachtskonzert mit CÄSAR & den Spielern BIGBAND, die Konzerte mit LIFT, POND, KERTH, CITY, ELECTRA oder NATSCHINSKI.
Ich lebe meine Musik endlich wieder und irgendwie schließt sich der Kreis, CÄSAR und sein freundliches Umfeld ( Tamara, Achim, Kuo, Dietmar ) eingeschlossen.
Hey Alter, so wie mir geht’s TAUSENDEN anderen in diesem Land. Du, Deine freundliche Schlichtheit und Deine Musik haben viele Biografien, meine inbegriffen, geprägt und verändert.
Wir haben unsere Höhen und Tiefen erlebt, unsere Wunden geleckt und uns oft gegen den Strom aufgerichtet.
Wir haben uns nicht „wenden“ oder dauerhaft benutzen lassen.
Wir haben immer auch gelernt, wir sind aufgestanden und weiter gestolpert und DU hast mit Deiner Musik und als Mensch so vielen Menschen Mut und Kraft gegeben.
DU wirst diesen Krebs besiegen!
Es ist die Zeit, da wir zu geben haben – Mut, Zuversicht, Hoffnung und Kraft.
Diesmal sind es deine Fans, solche wie ich und andere, die DIR sagen, der Augenblick wird kommen, der Moment, wo DU wieder auf einer Bühne stehen, Gitarren spielen und singen wirst.
DU wirst im nächsten Jahr einen runden Geburtstag feiern.
Dann werde auch ich meinen 60sten haben und, lieber CÄSAR, wir werden das gemeinsam tun und uns auf Kommendes und neue MOMENTE in unserem Leben freuen, auf einen " Lebenstraum in Dur ".
RE: Gedanken für einen wie ich - ein Freund
in Ostrock allgemein 09.04.2008 20:28von PM • | 4.235 Beiträge | 5060 Punkte
Hartmut, deine Zeilen haben mich tief berührt. Find ich klasse – gerade weil es hier das Puhdysforum ist und doch bei vielen Leuten ein Umdenken eingesetzt hat – der Ostrock ist ja eine bedrohte Spezies und wir werden Niemanden finden, der ihn unter Artenschutz stellt – es sei denn, wir tun selbst was dafür.
Dass sich die Reihen lichten, haben wir ja in den letzten Jahren schmerzlich erlebt und ich bin sehr traurig darüber, nie Tamara Danz oder Gundermann live gesehen zu haben. Und nicht nur an unseren Idolen – auch an den Fans geht die Zeit nicht spurlos vorbei.
Gerade deshalb ist es mir sehr wichtig, mich mit anderen Ostrockverrückten auszutauschen und ich bin hier schon zu Sachen „verführt“ worden, die ich allein nie gemacht hätte.
Von Hartmuts „Lebensbeichte“ ermuntert, erzähl ich auch mal, wie ich hier her gefunden hab, bisher hab ich mich noch nicht durchringen können, persönlichere Sachen zu erzählen.
Vor knapp 3 Jahren nahm das Schicksal mit einem einzigen Klick im Internet seien Lauf.
In der Zeitung stand was von Trennungsgerüchten der Puhdys, das beschäftigte mich. Damals war ich völlig internetunerfahren und ich suchte, wo was steht. So fand ich zur Homepage der Puhdys – dort war außer im Gästebuch natürlich nichts zu finden. Aber eine Zuschrift dort gefiel mir und da stand dazu „Klick auf das Häusel“. Was damit gemeint war, konnte ich mir nicht vorstellen. So schrieb ich die erste Mail meines Lebens an die Adresse, die da stand. Es kam eine freundliche Antwort zurück – und so geriet ich an Bernd *g*. Ich ging zur meiner ersten AGS in Dresden, dort waren auch Bernd und Angela – hab mich natürlich nicht getraut, sie anzusprechen.
Langsam begann ich mich, hier in dieser Fangemeinde einzuleben – parallel dazu verbesserte ich ganz nebenbei mit Hilfe der Kumpels hier meine Computerfähigkeiten und mein Aktionsradius mit dem Auto wurde immer größer, wahrscheinlich wird es nun doch nichts mehr mit dem Titel „Dümmster Autofahrer Deutschlands“- was Motivation so ausmacht.
Im Chat lernte man sich näher kennen und so kam es, dass ich in Freiberg vom dem Puhdyskonzert nicht mehr mutterseelenallein anstand sondern ich auf einmal ganz viele gleichgesinnte kennen lernte. Durch die Erfahrung – gemeinsam macht Ostrockgucken mehr Spaß- hab ich dann oft Leute angesprochen, wo ich so dachte, dass sie zu uns passen und gern mal Werbekärtchen vom Forum verteilt. Auf diese wundersame Weise haben wir uns hier wesentlich vermehrt *gg*, und ich hoffe die von mir agitierten haben es nicht bereut.
Ganz glücklich bin ich darüber, dass neben dem Hauptthema Puhdys hier auch die anderen Ostbands eine Rolle spielen. Hätte nie geglaubt, wie quicklebendig die Szene noch ist und mit immer mehr Konzerterfahrung wird die Entscheidung von Woche zu Woche schwerer – wo es am Wochenende hin geht. Eine Entscheidungshilfe ist schon mal immer – wo sind die Kumpels? *g*
Inzwischen macht es mir aber auch überhaupt nichts aus, mal allein irgendwo hinzugehen – findet man doch hier immer jemanden, mit dem man über das Erlebte diskutieren kann.
Ist schon klar, jeder hat andere Favoriten – dass Puhdysfans und Renftfans nicht miteinander können halte ich für ein Gerücht. Es mag vielleicht früher so gewesen sein, für mich spielt das keine Rolle mehr. Bin sehr froh, noch einige Konzerte von der Klaus Renft Combo gesehen zu haben wo sie noch vollzählig waren und ich bewahr mir diese Erinnerung. Schade, dass ich erst seit zwei Jahren fotografiere, das ist übrigens auch ein schöner Nebeneffekt, dass die Knipssüchtigen hier ein Podium finden.
Anlässlich der Feier des 70 000. Besuchers hier auf der Seite sag ich mal – klasse dass ich euch gefunden habe und Danke an Alle, die hier diese Suppe am Kochen halten.
RE: Gedanken für einen wie ich - für einen Freund
in Ostrock allgemein 09.04.2008 20:41von HH aus EE (gelöscht)
Was interessieren mich Fraktionen und Grenzen - ich liebe Musik und Menschen. Das ist alles und doch so viel!
RE: Gedanken für einen wie ich - für einen Freund
in Ostrock allgemein 09.04.2008 20:59von Bernd (gelöscht)
Peters Treffen und auch die CITY-Konzerte haben bewiesen, daß wir eines gemeinsam haben : OSTROCK, der verbindet und nicht ausgrenzt !
RE: Gedanken für einen wie ich - für einen Freund
in Ostrock allgemein 09.04.2008 22:14von Kundi (gelöscht)
Eigentlich fehlen mir die Worte nach Hartmut's sehr berührenden Zeilen. Zu Cäsar möchte ich deshalb jetzt nur eines schreiben: Cäsar wird den Kampf gegen diese heimtückische Krankheit gewinnen! Er steht eines Tages wieder mit seiner Klampfe auf der Bühne und er wird uns wieder mit seiner zeitlosen Musik und seinem symphatischen Wesen erfreuen.
Zu diesem Forum und zum Ostrock:
Ich habe schon immer die Musik gehört, die mir gefällt. Da gab es für mich nie Schranken im Kopf.Das, was wir heute Ostrock nennen, war die Musik meiner Jugend. Schon damals Ende der siebziger Jahre sah man mich auf Konzerten der Band's zu denen wir heute noch (oder wieder) gehen.
Mich freut besonders, dass die Ostrockszene die letzten zwei Jahre wirklich zusammengerückt ist.
Irgendwann im Sommer 2006 legte ich mir einen PC zu und begann saghaft durch das Internet zu surfen.Wenn man anfängt nach PUHDYS oder Ostrock zu googeln, landet man irgendwann automatisch hier oder bei Peter's Seite http://www.ostmusik.de Leute wie unser Bernd oder Peter in Niesky haben einen großen Anteil daran, dass die Ostrockszene quicklebendig ist, weil sie "verrückt" genug waren und auch die Ahnung hatten, etwas im Internet auf die Beine zu stellen, wo man sich über die Musik informieren und austauschen kann. Seit September 2006 bin ich nun hier in diesem Forum.In dieser Zeit habe ich bei Konzerten viel erlebt und viele neue Freunde kennengelernt. Für mich war und ist es immer wieder ein Erlebnis, wenn aus virtuellen Kontakten reale Menschen und Freunde werden. Das finde ich unheimlich spannend. Über unsere gemeinsamen Erlebnisse könnten wir mittlerweile ja wohl ganz Bücher schreiben, wenn wir Zeit dazu hätten. Übrigens haben sich meine PC- und Fotokenntnisse seit September 2006 auch erheblich verbessert.
Es ist so schön, dass wir alle zueinander gefunden haben und unsere Begeisterung für die Musik gemeinsam ausleben können.
RE: Gedanken für einen wie ich - für einen Freund
in Ostrock allgemein 09.04.2008 22:31von ConnyCity (gelöscht)
hartmut zerreisst mich in der luft - wenn ich schreibe "toller beitrag" - bin auch beweegt und mutig genug ein paar Tränen hier zuzugeben - bin sprachlos - da die wortwahl und die nNerven treffen - und Wahrheiten -
Danke Euch allen für dieses Forum..., wenn ich auch nicht oft hier schreibe, aber manchmal muss Frau dies tun...
Danke an Hartmut -- und natürlich Evi
RE: Gedanken für einen wie ich - für einen Freund
in Ostrock allgemein 11.04.2008 09:27von deli • | 24 Beiträge | 24 Punkte
Wie sich doch die Erfahrungen gleichen, vorausgesetzt, man hat ein bestimmtes Alter erreicht.
Während meiner Studienzeit und auch danach habe ich versucht, viele unserer Bands mal live zu erleben. Ob Renft bei einem der letzten Konzerte 1975, Puhdys, Karrussell, Mona Lise, Karat, Reform, Lift, Elektra- ich habe sie alle in jungen Jahren gesehen.
Mit der Wende habe ich dann auch erst mal nachgeholt, was davor aus bekannten Gründen nicht möglich war : Stones, der Boss, Tina, N. Young , Clapton, Cocker ... Dann aber ab und an auch wieder die heimischen Bands unserer Jugend. Der ultimative Kick dann vor 5 Jahren bei City. Was die Jungs da auf der Bühne boten, hat mich schlichtweg umgehauen. Seitdem bin ich des öfteren unterwegs und das nicht nur zu City. Neben der Musik ist es auch erfrischend, so viele Gleichgesinnte zu treffen und gemeinsam Spaß zu haben. Die Erkrankung von Cäsar war für mich schon ein Schock, habe ich ihn doch vor nicht allzulanger Zeit noch mit seinen Spielern und kurz danach mit Klaus Renft auf der Bühne erleben dürfen. Ich hoffe , daß er den Kampf gegen die Krankheit gewinnt und wünsche ihm die nötige Kraft dazu.
Liebe Grüße an alle in diesem Forum.
RE: Gedanken für einen wie ich - für einen Freund
in Ostrock allgemein 22.04.2008 15:49von HH aus EE (gelöscht)
Schaut mal auf die Homepage von CÄSAR. Dort gibt's seit ein paar Tagen Neues. Es geht vorwärts, wenn auch in kleinen Schritten, aber wichtig ist ja die Richtung und nicht die Geschwindigkeit!
Ich jedenfalls freue mich auf's Fanklubtreffen am 7.6. im Torgauer Entenfang und ich würde mich freuen, den einen oder anderen von Euch dort spontan zu treffen - dabei sein ist alles.
RE: Gedanken für einen wie ich - für einen Freund
in Ostrock allgemein 18.05.2008 18:45von HH aus EE (gelöscht)
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