#1

7. Oktober 2008 - war da nich' was ?

in Off-Topic 07.10.2008 09:47
von HH aus EE (gelöscht)
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Das ist schon irgendwie alle Jahre wieder ein doofes Gefühl, wenn kurz nach meinem eigenen auch die ehemalige größte DDR ihren Jubiläumstag hat, also gehabt hätte, wenn.

Für alle mit kurzem Gedächtsnis: Die DDR ist dieses Land, in dem ich geboren wurde, meine Kindheit verbrachte, gejugendgefeiert wurde, zur Schule ging und letztlich auch die Kulturszene mitaufgemischt habe. Das alles übrigens, von der Geburt bis zur Wende, ohne nach meiner Meinung gefragt zu werden !

Zwar weiß ich jetzt, daß alles eine Diktatur (der Arbeiterklasse?) war und von daher ungerecht. Man hat mir diese Diktatur gegen die des Geldes ausgetauscht, weil gerechter und demographisch gewählt, aber das mit dem wohl fühlen will sich noch immer nicht so recht einstellen. Das liegt wahrscheinlich an meinem Betonkopp.

Aber deshalb habe ich mit ein paar Bekloppten die (N)Ostalgie erfunden und mit studierten Ostrockern und deren technokratisch erzeugter und systemimmanenter Musik aus der Vergangenheit boikottieren wir erfolgreich alle Medien dieses Landes. Das macht Spaß, weil alle anderen dann meine "Heimatklänge" nicht hören dürfen. Die versauern so langsam bei "Ich & Mich" oder beim Wanderprediger NaiDuu - jedem nach seiner Bildung!

Meine Kinder verweigern sich inzwischen erfolgreich meiner Musiksammlung und die gelben Säcke freuen sich auf das alte Vinyl der Puhdels und den vielen anderen Gomboos.

Was also werde ich heute machen?
Nix besonderes und ein wenig erinnern, dann brauche ich mir nicht von einer Gruppe "Historiker" erklären lassen, daß mein Leben schon im sozialistischen Sandkasten fremdbestimmt wurde.

In diesem Sinne und für "Frieden und Völkerfreundschft" (oder ist das auch falsch??)

Euch allen eine schönen 7. Oktober 2008

P.S.: Zur Feier des Tages habe ich ein unbekanntes Musikstück eingestellt. Bitte entnehmen, auflegen und abspielen.

Angefügte Bilder:
Scannen0001_800x800.jpg
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#2

RE: 7. Oktober 2008 - war da nich' was ?

in Off-Topic 07.10.2008 15:45
von Bernd (gelöscht)
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Also dann mal "Seid Bereit" würde Toni Krahl sagen...
Ja, DDR, wenn alles noch so wäre, würden wir schon das 4. Jahr lang intensiv den 60.Jahrestag vorbereiten, welcher dann 2009 gewesen und den 100. Geburtstag von Erich Honecker natürlich , welcher dann 2012 gewesen wäre.
DDR, war nicht nur Stasi, Unterdrückung, nein es war auch ein Volk, welches eine eigene Lebensweise hatte. Wie lange wurde von einem "gelernten DDR-Bürger" ein Haushaltgerät z.B. repariert, gehegt und gepflegt ? Wie es der Zufall will, ging gerade heut eine Kaffeemaschine kaputt. Bernd holt sich eine aus der Reserve, gab es mal vor ca. 1 Jahr für 5 Euro im Angebot. Zu unseren DDR-Zeiten hätte ich jetzt mit Schraubenzieher und Lötkolben dran gesessen und das Ding in Schuß gebracht, oder es zumindest versucht.
Beispiel Nachbarschaft... Man konnte zu unseren Zeiten die Türen offen lassen, heutzutage weiß man meist nicht mehr, wer neben einen wohnt.
Beispiel Kinder: Es hatte nicht nur schlechte Seiten, daß Kinder z.B. von Geburt an medizinisch betreut wurden, Impfpflicht bestand und die Gemeinschaft in der Kinderkrippe hat meinem Sohn auch keinen Schaden zugefügt. Meine Tochter wurde erst 1990 geboren, da waren 26 Tage bereits die D-Mark unsere Währung.

Was nützt uns jetzt eine nahezu uneingeschränkt freie Meinung, wenn die Politiker sich eh nicht an die Meinung ihrer Wähler halten? Sie verraten und verkaufen uns doch nicht anders, als das damalige SED-Regime.

Klar haben wir in unserer Jugend auch in "ahnunglosen" Gebieten versucht, den "Klassenfeind" zu "belauschen" - "She love You, Yeah Yeah, Yeah" drang es aus dem Lautsprecher des monofonen Kofferadios auf Kurz- oder Mittelwelle. So gut es ging haben wir mit unseren freiwilligen Englischkenntnissen diese Titel mitgesungen.
Aber auch unsere Kultur miterlebt, PUHDYS, KARAT, CITY und ja, sie sangen deutsche Texte, man konnte sie verstehen ! Immer am Plattenladen angestanden, wenn es heisst, heut gibt es paar Lizenzplatten. Man hatte alles gerafft , was man bekam, konnte es ja dann später eintauschen. QE 2 - Mike Oldfield, Vangelis, Tangerine Dream , Quartett-Platten der Stones *lächel*
Im Kino lief "Blutige Erdbeeren" - wir natürlich hin, nur um "Give Peace A Chance" mal sauber zu hören.
Nahezu alle 4 Wochen spielte eine Fred Herfter Diskothek aus Dresden bei uns in der Mensa oder im Roßweiner "Herkules". Wodka kann sicher, HHaus EE vielleicht was mit diesem Namen anfangen. Sie spielten so eher das "ausgefallene", was nicht so überall lief u.a. auch Bluesmusik.
"RUND" oder "Ein Kessel Buntes" waren dann die familären Kämpfe gegen den Oberhofer Bauernmarkt. Dort haben es dann meist 2 - 3 nichtsozialistische Künstler geschafft, einen Auftritt zu bekommen. Von Racey, Mud, Showaddywaddy über Udo Jürgens und ja, der andere Udo war auch mal im DDR-Fernsehen. Und eben auch CITY, SILLY, PUHDYS, der Oktoberklub, RENFT (bis 1974) ... Ein Jürgen Karney machte dann mit BONG eine Nachfolgesendung vom "Schlagerstudio", dort waren auch immer mehr verstärkt die DDR-Bands zu sehen.

Immer habe ich gehofft und geglaubt, mal meine "Ideale" zu erleben - die Beatles. Dieser Traum wurde im Dezember 1980 durch die Ermordung John Lennons jäh beendet und zerissen. Mann, hab ich geheult. "He John" sang Maschine mit den PUHDYS ein Jahr später. "Deine Lieder schweigen nicht" heißt es darin. Und auch AMIGA reagierte und ich wurde glücklicher Besitzer der "Saved Fish" von John Lennon und Yoko Ono. "Just like Starting Over" heisst es darin, daraus wurde leider nichts mehr.
Ich erlebte Ute Freudenberg mit ihrer Gruppe "Elefant" bei einem ihrer letzten Auftritte in der DDR. Das war in Roßwein. Paar Wochen später sickerte durch, daß auch sie in den Westen ist.
Wie wir ja alle wissen, haben ja zahlreiche Musiker den Weg zurück gefunden, warum, kann sich ja jeder selbst denken...

Ich sehe im Ganzen diese Wende 1989 für notwendig und folgerichtig an. Nach der Ära Gorbatschow wäre es wahrscheinlich nicht mehr machbar gewesen, und dessen Ära war bekanntlich schnell vorbei. Ich habe in einem Krankenhaus gearbeitet und vor Ort gespürt, welche Folgen die Abwanderungswelle für uns, aber vor allem für unsere Patienten hatte. Das war nicht mehr sozial und menschlich. Es blieb vieles auf der Strecke. Solche Vordenker wie Hans Modrow hätten eher die Regierungsverantwortung übernehmen müssen. Er war der erste, der die soziale Notlage erkannte und sofort handelte. Er nahm sich dem Pflegenotstand an und als erste Maßnahme wurden die Gehälter des Personal erhöht, Personal aufgestockt.

"Elf99" deckte dann auf, wie unsere Parteibonzen in Wandlitz lebten. Es war kaum jemanden vorher unbekannt, daß es so war. Der "Buschfunk" funktionierte auch hier hervorragend. Als ein Minister mal unseren Betrieb in Roßwein und eine Verwandte in der Nähe von Roßwein besuchen wollte, wurden extra dafür marode Straßen saniert. Aber nur genau der Weg, auf dem ihre großen Wagen entlang fuhren, keinen cm. weiter.

Ist doch heute sicher auch nicht anders, nur vielleicht noch besser für sie.

Aber es wurde dann sehr vieles "vergessen", von unseren Sozialen und Menschlichen in den Einigungsvertrag zu übernehmen. Das ist nicht zu übersehen! Die heutigen Debatten um KiTa-Plätze erscheinen mir so, als würde man das Modell Kinderbetreuung neu erfinden wollen.

Ich schäme mich auch nicht dafür, daß ich ein Kind der DDR war. Und unsere Kultur ist uns geblieben. Diese kann uns keiner nehmen. Also pflegen wir sie weiter.
zuletzt bearbeitet 07.10.2008 15:57 | nach oben springen

#3

RE: 7. Oktober 2008 - war da nich' was ?

in Off-Topic 07.10.2008 19:51
von PM | 4.235 Beiträge | 5060 Punkte

Ich dachte schon, ich bin heute die Einzige, die sich an das historische Datum erinnert , schön, mal eure Gedanken zu diesem Tag zu lesen mit Bezug zu unserm Hobby.


Klick mal druff hier:

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#4

RE: 7. Oktober 2008 - war da nich' was ?

in Off-Topic 07.10.2008 20:14
von Mary (gelöscht)
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Mein Schreck, wir haben heute auf Arbeit gewitzelt über "den Tag der Republik"... und abends, was lese ich da im Forum..., "Tag der Republik" Erinnerungen...
Es scheint, wir werden ewig zweigleisig fahren... Nein, das ist nicht böse gemeint, auch ich bin nun mal ein DDR-Kind, noch dazu eins aus dem "Tal der Ahnungslosen", was doppelt schwer wiegt. Und ich suche und suche seit Jahren und finde nichts, warum ich mich dafür schämen oder bedrückt sein sollte, dass ich hier aufgewachsen bin.
Ich hatte viele Sehnsüchte, die ich mir nicht erfüllen konnte. Aber wie sieht es mit den jungen Leuten von heute aus? Kann denn ein "Otto-Normal-Verbraucher-Jugendlicher" sich seine Sehnsüchte erfüllen? Ich wünschte mir damals aktuelle "West-LP's", einfach ohne die blöde FDJ-Bluse aufzutauchen, ich wünschte mir ein Kofferradio und bekam es nicht. Viele junge Leute von heute wünschen sich einfach nur einen Job, den sie nie bekommen. Was wiegt wohl schwerer...
Nein, ich sehne sie nicht zurück, die Zeit der Militärparaden, des Fahnenschwenkens, des "Immer Bereit-Grußes", die Zeit der badlosen Wohnungen, des "Bananenzuteilens", des Schlange-Stehens, des Schwarzen Kanals von Karl Eduard von Schnitzler, die Zeit von Trabbigeknatter und Gestank, aber ich bin nicht traurig darüber, sie erlebt zu haben. Und auf keine Fall fühle ich mich deshalb als Mensch zweiter Klasse!
Meine Erkenntnis, egal wer da "oben" sitzt, "kleine Leute" haben immer das Nachsehen...
In diesem Sinne, vorwärts und nie vergessen - ha, ha, ha...
zuletzt bearbeitet 11.10.2008 18:51 | nach oben springen

#5

RE: 7. Oktober 2008 - war da nich' was ?

in Off-Topic 13.11.2008 20:54
von Sonny | 1.753 Beiträge | 2061 Punkte

Ich las diese Rubrik erst heute und sah gleichmal in meinem Terminkalender nach, was ich an dem Tag gemacht hatte: Möbel geräumt, einen Schrank verkleinert (mit Säge und anderem Werkzeug), umgeräumt und bedauert, nicht in Düsseldorf sein zu können. Da lief im Capitol-Theater eine Musical-Show Beatles Experience.
Also eigentlich diesem Tage würdig. Selbst ist die Frau und vom Westen nur träumen. Die Gründe sind nicht mehr ganz genau dieselben wie damals.
Eure Worte hier las ich aufmerksam und nachdenklich. Wiederholen will ich sie nicht, denn ich empfinde auch so.
Manches von damals vermisse ich, und Vieles fehlt heute noch mehr.
Ich wär gern öfter fröhlich oder wenigstens ohne Besorgnisse.


*
Doch die Zeiten ändern sich. Ob wirs mögen oder nicht. Alles hat seine Zeit.

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