Wenigstens ein Mal im Leben…..
Wer von uns hat diesen Gedanken nicht schon mal gehabt, vielleicht sogar ausgesprochen. Jeder von uns hat bestimmt solche „Wenigstens ein Mal“ irgendwo im Hinterkopf versteckt: Ein Mal den Mount Everest sehen, ein Mal zum Mond fliegen, ein Mal am Ufer des Baikal sitzen.
Solcherlei Gedanken sind mir damals durch den Kopf gegangen, als mein langjähriger Freund Georg und ich an einem sonnigen Donnerstag die Autobahn Richtung München befuhren. Der Grund war wieder einmal in der Vergangenheit zu suchen.
Das Amerikanische Duo SIMON & GARFUNKEL hatte uns durch die wilden 60er und die 70er Jahre begleitet, ehe sie sich Anfang der 80er trennten. Nun nach 20 Jahren kam das Duo im Jahre 2004 für zwei (!!) Konzerte nach Deutschland und wir beide wollten „wenigstens ein Mal im Leben“ den Soundtrack unserer Jugendjahre live auf der Bühne erleben und nicht nur im Film oder Radio. „The Graduate“ (Reifeprüfung) und all die anderen tollen Songs hatten wir im Hinterkopf, als der Alpha seine Nase Richtung München reckte.
Der Olympiagarten in München ist eine wunderschöne Anlage. Mitten in der Stadt eine grüne Oase der Ruhe, da läßt man sich schnell zu einem frischen Bierchen am Nachmittag verleiten. Die Sonne blinzelte durch die Bäume und wir freuten uns mit einem Humpen in der Hand auf die kommenden Stunden.
Als wir das Olympiastadion betraten öffnete sich der Blick auf eine gigantische Bühnenkonstruktion auf der Tribünengegenseite, darüber eine überdimensionale Videowand. Auf dieser startete die Show mit einem Rückblick auf jene Zeiten, von der Mondlandung bis zum Mauerfall, die wir alle auch mit musikalischen Assoziationen besetzt haben.
Der erste Song des Abends war „Old Friends“, quasi eine Reminiszenz an eine 50jährige musikalische Freundschaft und das Motto der Tour. Danach ging es Schlag auf Schlag mit Erinnerungen an ganz frühe Zeiten mit „Hazy Shade Of Winter“, America“ und „I Am A Rock“, jener Song, der kaum wie ein anderer die Befindlichkeiten Jugendlicher in den 60ern artikulierte: „I touch no one and no one touches me.“
Die beiden plauderten zwischendurch munter aus dem Nähkästchen ihrer Karriere und holten jene beiden auf die Bühne, von denen sie damals einen Großteil ihrer Inspiration erfuhren: Don & Phil Everly, besser bekannt als die EVERLY BROTHERS. Von ihnen gab’s Erinnerungen in Noten wie „Wake Up Little Susie“ und „All I Have To Do Is Dream“ sowie gemeinsam dann noch „Bye Bye Love“, jenen Riesenhit zum Mitsingen für die Massen.
SIMON & GARFUNKEL gaben ihren Fans, weswegen sie gekommen waren, nämlich einen Welthit nach dem anderen – oder besser – einen Moment Jugenderinnerung nach dem nächsten. Gänsehaut-Feeling und Tränen-Momente. Was Wunder, wenn man Songs zu hören bekommt wie „Sound Of Silence“ (fast pur und nur akustisch), „Mrs. Robinson“ (siehe oben), „El Condor Pasa“, zum Träumen und Tränenkullern, „The Boxer“ und natürlich „Bridge Over Troubled Water“:
- „ Wenn du alles satt hast und dir so klein vorkommst, die Augen voller Tränen. Dann glaub’ mir, jede einzelne werde ich dir trocknen. … Wenn du einen Freund brauchst, bin ich in deiner Nähe und heile deinen Kummer. “ -
Rockpoesie, wie sie schöner und ergreifender kaum sein könnte, geschrieben zum Ende der 60er, der Zeit von LOVE & PEACE – einfach nur toll und natürlich noch Jahrzehnte danach zu Herzen gehend, wenn man jene Zeiten, so wie wir beide, selbst miterlebt hatte!
Dieses einmalige Gefühl, für wenige Stunden dem Alltagstrott mit schönsten Jugenderinnerungen und einmaliger Musik entronnen zu sein, hat uns dann auch auf der nächtlichen Autobahn von Bayern nach Brandenburg begleitet. Auf einem Rastplatz in Thüringen bin ich dann mit „Homeword Bound“ im Ohr eingeschlafen und erst vom Truckerverkehr geweckt worden.
Ob SIMON & GARFUNKEL (damals 62jährig) noch einmal gemeinsam in Europa auf einer Live-Bühne stehen werden, halte ich für eher unwahrscheinlich. Deshalb bin ich heute noch immer froh, „wenigstens ein Mal“ länger Auto gefahren zu sein, als im Konzert gesessen zu haben. Sei’s drum, der Aufwand, war gemessen an der Einmaligkeit des Events, ein Klacks oder „Keep The Customer Satiesfied!“
P.S.:
Meinen beiden Kindern, Claudia und Michael, gewidmet, die mir einst diese wunderschönen Stunden geschenkt haben.