Schandmaul zur Walpurgisnacht
In jedem Ort in Sachsen, der was auf sich hält, brannte vorige Nacht ein Hexenfeuer. Im Alten Schlachthof in Dresden loderte auch symbolisch auch so ein Feuer, entfacht von der Folk Rock Band Schandmaul aus München.
Ich erzähl euch mal aus der Sicht er Ostockalten, was da so abging.
Wider besseres Wissen trafen wir nur eine Stunde vor Beginn im Schlachthof ein. Hunderte schwarz gewandete Jungendliche hatten sich schon in den ersten Reihen nieder gelassen – null Punkte für uns, es war abzusehen, dass wir in Reihe Sieben von dem Spektakel nicht all zu viel sehen können.
Ein bisschen komisch kamen wir uns schon vor, dass solche Bands überhaupt kein Graukappenpublikum haben, hätten wir nicht gedacht. Nur gut, dass ich mich zur Tarnung noch schnell in was Schwarzes gezwängt hatte.
Schandmaul eröffnete in Dresden ihre Tour zum 10-jährigen Geburtstag. Man höre und staune, die Setlist hatten die Fans bestimmt, die darüber im Internet abstimmen konnten.
Eher als geplant kam eine Vorband aus Holland, 6 sagenhaft schöne Mädchen, die Mittelalterrock machten. Dazwischen hieß es 45 Minuten auf den Hauptact des Abends warten, was in der Wärme und Enge sogar kampferprobte Ostrockfans voll forderte. Das die Gothic Szene nicht auf Friedhöfen campiert, hatte ich ja im Gegensatz zu meinen Kollegen schon mitgekriegt und mir war klar, dass das ein ganz liebes friedliches Völkchen ist. Ausgesucht höfliche und intellektuell angehauchte Jungendliche, glaubte ich zumindest, als ich die Gespräche so um mich herum verfolgte.
Als die Musik einsetzte, war es aber schlagartig mit der Disziplin vorbei, nur es wurde anders gedrängelt, als wir es gewohnt sind. Höflich fragte man “Darf ich mal“ „Würden sie mich mal bitte vorbei lassen“ „Könnten sie mal zur Seite gehen“. Ich konnte natürlich, und fand mich in Reihe 10 wieder.
Dann steppte der Bär, von Anfang an wurde mitgehüpft und gesungen. Meine einzige Lautäußerung war immer mal ein lautes „Aua…“ wenn mir wieder einer auf die Zehen gesprungen war. Aber die Musik war sowas von mitreißend, dass ich hiermit den Schandmaulfans großmütig verzeihe. Schandmaul höre ich oft mit dem Player beim Laufen. Einiges war mir daher bekannt und zu meinen Lieblingsstücken gehört der Wolfsmensch und Feuertanz.
Es ist gemäßigter Mittelalterrock, sehr schöne, die Phantasie anregende Texte und von der Darbietung her nicht zu schrill, aber ständig Aktion auf der Bühne. Toll gemachte Show mit Licht und Nebel. Kein Wunder, den Fans ist da „Kein Weg zu weit“ und das noch dazu in der „Walpurgisnacht“, was will man mehr.
Die Begeisterung der Massen kannte keine Grenzen, als Mitglieder der Dresdner „Letzten Instanz“ auf die Bühne kamen. Benni und der stolze Geiger statteten ihren Münchner Kollegen einen Besuch ab und spielten zusammen ein Stück.
Im letzten Drittel lichteten sich die Reihen vor mir etwas, wahrscheinlich hatte die Kondition bei den Kids doch nachgelassen und ich konnte doch noch gut das Geschehen verfolgen.
Mit einem schönen Ritual verabschiedeten sich die Schandmäuler von ihrem Publikum und warfen zum Schluss Papierflieger.
Mit einem „Sonnenstrahl“ wurden wir in die laue dresdner Frühlingsnacht entlassen und die Losung des Tages, die wir auf vielen T-Shirts lesen konnten ist bei uns jetzt„Folk you“.