#1

HAASE & BAND - Kulturbastion Torgau

in Konzertberichte Ostrock allgemein 19.02.2012 18:45
von HH aus EE (gelöscht)
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Haase besingt „Die besseren Zeiten“ – Kulturbastion Torgau
(Kein Märchen, aber auch noch nicht wahr.)

Es war einmal … als das Weihnachtsfest gefeiert und auch das Neujahrfest vorüber war, als die Natur von einem dicken Schneekleid überzogen und verdeckt war, dann konnte man Spuren im Schnee erkennen. Dann, wenn der Frost die Luft kalt und der Wind sie beißend scharf macht, führt die Spur irgendwo an einen Hügel, wo sie im Schnee verschwindet. Dort verkriecht sich der Hase mit seiner Band(e) tief unter dem Schnee in seinem kleinen Häuschen und dort in der molligen Wärme sitzen sie alle um einen großen runden Tisch herum, auf dem Farbtöpfe stehen und viele Pinsel liegen. Wenn hoch oben über ihnen die Erde im Frost klirrt und der Schneesturm darüber hinweg fegt, sitzen sie hier unten und bemalen die ersten Eier mit bunten Farben für das kommende Fest im Frühling, wenn oben der Schnee wieder geschmolzen ist.
Nur der große Sohn, der lange HAASE mit den blonden Harren, macht da nicht mit. Er ist derweil auf einer Wanderung von der Illingmühle zu der Mühle im Zschonergrund. Auf dem Rücken trägt er seine Gitarre und er hat ein fröhliches Lied auf den Lippen, das ihm einst aus der Lausitz zu Ohren kam. Einige davon sang er jüngst in der großen Stadt an der Elbe, wo er eine fröhliche Seilschaft getroffen hatte, die gerade über die Elbsandsteinberge geklettert kam. Danach ist er weiter gezogen am Ufer der Elbe, flussabwärts, vorbei an der Stadt des Porzellans und auch vorbei an der Stadt mit der alten Werkstatt für Sicherheits-Schwefelhölzchen. Es zieht ihn zu jenem Ort, wo einst der russische Bär und der Grizzly aus Übersee nach dem großen Kampf ihre Freundschaft besiegelten. Hier hatten sich beide geschworen, nie wieder mit ihren riesigen Tatzen zuzuschlagen. Doch dann haben sie ihren Schwur doch wieder gebrochen, als die nächsten süßen Bienenwaben im Wald, am Mekong und am Hindukusch zu verteilen waren, denn jeder wollte wieder alles für sich.

All das und noch viel mehr hat der lange blonde Haase auf seiner Wanderung gesehen, hat manches erlebt und er hat sich vieles bei der Rast am Wegesrand von den müden Alten und den zornigen Jungen erzählen lassen. Auch, dass man die alte Brücke über den Fluss eines Tages einfach gesprengt hatte, als die neue fertig war. Wie gern würde auch er heute noch als Fußgänger über diese alte Brücke laufen. Aus diesen Gedanken und aus den Erzählungen am Wegesrand hatte er während seiner Wanderschaft viele Lieder von „besseren Zeiten“ gemacht, die er nun stets bei sich trägt. Auch dem Volk in einer alten steinernen Kulturbastion am Rande der Stadt, wo sich einst die beiden großen Bärenvölker trafen, wollte er von diesen Liedern einige singen.

Also ging er am frühen Abend dieses fast frühlingshaften Tages in das altes Gewölbe, das um diese Zeit noch ganz und gar leer, aber gastlich vorbereitet war. Auf die kleine Bühne zog es ihn, wo er im Schein der bunten Fackeln dann spätabends vor den Neugierigen stand, um seine Gitarre und seine Stimme zum Klingen zu bringen. Neben ihm Freunde aus seiner Band(e), die ihre Musikinstrumente mitgebracht hatten, um die Lieder von den „besseren Zeiten“ mit ihm gemeinsam zu singen. Da stand er nun, so ganz und gar nicht müde von der Wanderschaft und begann, mit einem Gläschen vom roten Haasenwein zu seinen Füßen, laut und kräftig seine Träume singend dem Volk zu schenken, als wäre sie kleine Überraschungen, die es zu entdecken gilt.
So zum Beispiel, wie man in diesen kalten Zeiten gemeinsam überleben und froh sein kann, denn nur „Fledermäuse lassen sich hängen“, ein Haase aber nie. Der hat noch Utopien und die will er mit uns teilen, nicht irgendwo im Digitalismus, sondern hier im Leben. Dabei greift er ungestüm in die Saiten seiner Gitarre, springt, wie es Haasen tun, wie wild auf der kleinen Bühne einher und singt „Ich will sein“ und dass es ihm schon oft geglückt sei, nur eben nicht immer. Es macht Spaß diesen anderen Haasen da singend und springend zu erleben und es steckt an. So mancher kennt die Lieder und singt mit. Andere erkennen sich in ihnen, wenn er ihnen sagt: „Sieh, dein Haus ist voller Träume“ und darin wohnt jemand, der will mit dir gemeinsam „leben zum Fressen gern“. Wir müssen es nur wollen und aus der Geschichte der Bärenvölker lernen.

Der Haase und seine drei Freunde, Tina, Daniela und Rene, der an diesem Tag Geburtstag feiert, versetzen die Gäste in helle Begeisterung und manchmal lachen sie auch über seine kleinen Geschichten aus Bärlin und von anderen Orten. So von einem namens „Mittendrin“ und von den „Hinterhofgören“, die dort leben. Dabei erinnere ich mich an einen weisen KUNO, der ein anderes Lied zum Vorbild nahm und auch diese „Hinterhofgören“ aus der „Backstreet“ besang. So schließen sich manchmal die Kreise und die Gedanken kreiseln dabei wie wild. Vielleicht erleben wir ja gerade einen Wechsel der Generationen, nicht aber der Botschaften. Die sind noch immer die gleichen und deshalb singt nun der Haase auch von den „Wölfen“, die wieder zu uns kamen. Er steht zum Greifen nah an der Kante, nur mit Gitarre und dem Mikro. Erst nach und nach spielen auch die anderen wieder beim Lied vom „Schneetreiben (in Berlin)“ mit, das von der Sehnsucht erzählt und bei dem die beiden Gitarren so wunderbar zum Singen gebracht werden.

Die Lieder vom Haase haben einen ganz besonderen Reiz. So wie damals in Zeiten meiner Jugend und der ersten Aufmüpfigkeit. Da gab es Lieder von den „Gleisen wie ein Fächer“ und „Paradiesvögeln“, die „Wand an Wand“ lebten, und das vom fröhlichen „Baggerführer Willi“ und der „Rose“. Die neuen Lieder vom „Schwarzen Mann“ und dem „Einsamen Mond“, die ich nun mit dem blonden Haase da vor mir mitsumme, geben mir dieses Gefühl Jahrzehnte später noch einmal – nur nicht alles hinnehmen, nur nicht jedes Wort glauben. Noch immer träumen statt schon im Mus-Topf versinken, weil man am „Hintern schon zu schwer ist“. Da kann man schon staunen, dass so ein junger Hüpfer namens Haase den gleichen Utopien von „Liebe und Zorn“ noch einmal einen anderen Klang verleihen kann und deshalb ist mir dieser Typ da so nah. Das gemeinsame Träumen von den „besseren Zeiten“ ist noch lange nicht vorüber.
Haase & Band stampfen, rocken und toben sich durch die neuen und älteren Lieder und auch da drängen sich Parallelen auf. Rene’s Gitarre kracht rotzig aus den Boxen, Daniela’s Bass stampft dazu und Tina ballert auf Becken und Felle, als dürfe sie es an diesem Abend zum letzten Mal tun. Es klingt wie das Schmieden der „Alten Schwerter“, wie die Wucht einer Band von damals, als sie noch unbequem, frech und böse war und trotzdem steckt noch immer genug Liebe in seiner, meiner Musik, damit sie nicht bitter werden kann. Genau so liebe ich es und genau so klingt die „Weiße Wolke“, von der Haase ganz zum Schluss singt, ehe er und seine Begleiter sich vom angereisten Volk in der Kulturbastion verabschieden.

In mir bleibt mal wieder so ein Gefühl, dass dieser blonde Haase auch weiter auf Wanderschaft zwischen Illing- und Zschonermühle sein wird, auf der Suche nach der „besseren Welt“, die es nicht gibt, von der man sich aber Gedanken machen kann. Solche Gedanken von den Bärenvölkern und anderen Erfahrungen wird er mit nach Hause nehmen nach Bärlin. Statt runde Frühlingsgeschenke wird er die Welt weiter bunt malen mit den Farben vom großen Tisch, denn grau, schwarz und braun allein sind ihm zu düster für eine helle Zukunft. So baut er sich und wir mit ihm vielleicht doch noch und mit der Zeit eine Welt für bunte Völker mit bunten Präsidenten, die sich das vereinte Volk von Hasen, Bären, Fledermäusen und Amseln dann selbst aussucht. Vielleicht ist der bunte Präsident ja auch mal eine Frau aus dem Plattenbau und die heißt dann vielleicht Carolin und hat statt einem lüsternen Ego einfach mal nur eine Brise „Benzin im Kopf“ …

Angefügte Bilder:
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zuletzt bearbeitet 19.02.2012 18:47 | nach oben springen

#2

RE: HAASE & BAND - Kulturbastion Torgau

in Konzertberichte Ostrock allgemein 19.02.2012 18:59
von PM | 4.235 Beiträge | 5060 Punkte

Absolut genial, dieses Märchen, was du uns hier aufgetischt hast.
Mit Visionen tun sich ja inzwischen alle schwer - aber Haase und Hartmut, die haben noch welche, der eine singt sie und der andere schreibt sie auf.


Klick mal druff hier:

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#3

RE: HAASE & BAND - Kulturbastion Torgau

in Konzertberichte Ostrock allgemein 19.02.2012 19:41
von wir 2 (gelöscht)
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Vielen DANK Hartmut für diesen echt wunderschönen Bericht
In 2 Wochen, am 2.3.12 spielt Haase mit seiner Band in Freiberg im Tivoli (Chil Out)
Freu mich schon riesig drauf!!

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#4

RE: HAASE & BAND - Kulturbastion Torgau

in Konzertberichte Ostrock allgemein 19.02.2012 20:28
von Steine-Silke (gelöscht)
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ja..ein wunderschöner Beitrag..konnte nur nichte mehr richtig...mußte an anderen Fronten kämpfen

schade..Silke

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